Der Porsche 911 Carrera T Cabriolet ist eine seltene Spezies – einer dieser Sportwagen, die nicht versuchen, alles neu zu erfinden, sondern daran erinnern, wie sich Autofahren einmal anfühlte. Mit seiner Handschaltung, dem heckgetriebenen Layout und der unnachahmlichen Mischung aus Präzision und Emotion steht er sinnbildlich für das, was Porsche seit Jahrzehnten ausmacht: puren Fahrspaß ohne digitale Filter.
Während rundherum elektrische Revolutionen toben und selbst Supersportwagen zu Hybridlaboren werden, bleibt der Carrera T Cabrio ein analoger Anker in einer zunehmend virtuellen Welt. Er ist leicht, kompromisslos ehrlich und genau deshalb so faszinierend. Porsche nennt ihn schlicht „T“ – für Touring. Doch das Kürzel steht längst für mehr: für jene Form von Leidenschaft, die man nicht downloaden, sondern nur erfahren kann – am besten offen, mit beiden Händen am Holzschaltknauf und einem Ohr voller Sechszylinder-Musik. Fahrbericht.
Der Look
Die Neuerungen am Porsche 911 Carrera T Cabriolet erkennt man nicht sofort – und genau das ist typisch Porsche. Das Facelift kommt mit leicht überarbeiteten Schürzen und optimierten Scheinwerfern, ansonsten bleibt alles beim Alten. Und das ist gut so. Denn das 911er-Design ist längst keine Stilfrage mehr, sondern eine Glaubensrichtung.
In Luganoblau wirkt der T wie ein Undercover-Agent im Maßanzug: dezenter als Miamiblau, weniger extravagant als Racinggelb, aber mit einer Farbe, die man mit jedem Blick mehr zu schätzen lernt. Im Sonnenlicht bekommt das Cabriolet Tiefe, fast so, als hätte Porsche einen Filter aus Sommerglück über den Lack gelegt.
Das Stoffverdeck öffnet in zwölf Sekunden und faltet sich wie Origami aus Stoff und Gestänge. Auf Knopfdruck verwandelt sich der Elfer in eine fahrende Freiluftloge – das perfekte Setup für Landstraßen, Bergpässe oder einfach den Feierabend mit Sonnenuntergang.
Und innen?
Der Innenraum des Carrera T ist Porsche in Reinform: keine Show, kein Overkill, sondern Funktion, Präzision, Gefühl. Alles dort, wo es hingehört, alles greifbar, alles echt.
In der Mitte: der kurze Schalthebel aus offenporigem Nussbaumholz – ein kleines Kunstwerk in einer Zeit, in der viele Hersteller meinen, Plastik ließe sich mit Hochglanzlack retten. Davor prangt das „T“-Emblem, daneben das mechanische 6-Gang-Getriebe – der letzte seiner Art. Kein GTS, kein Turbo, kein anderer Elfer darf mehr so geschaltet werden. Und das merkt man. Jeder Gangwechsel ist ein physischer Akt, ein Moment, der dich daran erinnert, dass Autofahren mehr sein kann als Bewegungsoptimierung.
Das Cockpit ist gewohnt übersichtlich, die Materialien edel, das Bose-Soundsystem klingt auch offen noch satt. Nur der Cupholder unterhalb der Schaltkulisse bleibt ein Running Gag – spätestens beim beherzten Griff in den vierten Gang versteht man, warum Porsche-Fahrer lieber Espresso trinken.
Die Sitze? Sportlich, aber alltagstauglich. Das Windschott erledigt seinen Job, der Komfort bleibt trotz Leichtbau hoch. Und selbst in der Stadt wirkt der Elfer nie unhandlich – dank 360-Grad-Kamera und Hinterachslenkung manövriert er sich elegant durch jede Gasse.
Der Antrieb des Porsche 911 Carrera T
Unter der Heckklappe schlägt das Herz des letzten analogen Elfers: ein 3,0-Liter-Sechszylinder-Boxer mit Biturbo-Aufladung, 394 PS stark, 450 Newtonmeter Drehmoment. Der Sound ist sonor, nie aufdringlich, aber mit genug Charakter, um beim Hochschalten Gänsehaut zu verursachen.
Der Carrera T ist heckgetrieben – und das merkt man spätestens, wenn die Straße schmal, kurvig oder verlockend leer wird. Der Boxer hängt gierig am Gas, das manuelle Getriebe arbeitet präzise wie ein Uhrwerk. Der T beschleunigt in 4,7 Sekunden auf 100 km/h, läuft 293 Spitze und bleibt dabei überraschend kultiviert. Dass er neben dem kompromisslosen GT3 der Letzte mit Handschaltung ist, finden wir schade. Nicht einmal der GTS darf noch manuell arbeiten. Aber gut, Zeiten ändern sich und wir sind froh, dass es den T noch gibt.
Das PASM-Sportfahrwerk mit 10 Millimetern Tieferlegung sorgt für mehr Präzision, ohne den Komfort völlig zu opfern. Im Normalmodus ist der Elfer straff, aber langstreckentauglich. Im Sportmodus dagegen so direkt, dass man glaubt, das Lenkrad habe eine Gedankenverbindung zur Vorderachse. Die neue Hinterachslenkung tut ihr Übriges – so unauffällig, dass man sie kaum bemerkt, und genau deshalb brillant.
Und dann gibt es da noch die Auto-Blip-Funktion. Klingt nach Videospiel, fühlt sich aber nach Rennstrecke an: Beim Runterschalten passt das System automatisch die Drehzahl an – jeder Gang sitzt perfekt, jeder Zwischengasstoß klingt nach Könner.
Verbrauch & Alltag
Sportlich gefahren, gönnte sich der Carrera T Cabriolet im Test 11,5 Liter auf 100 Kilometer, bei langen Autobahnetappen rund 12,8. Wer es gemütlicher angeht, kann ihn mit 10,9 Litern bewegen – auf der Sparrunde sogar mit sensationellen 7,1. Porsche nennt 10,8 Liter im WLTP-Schnitt, was erstaunlich realistisch ist.
Damit ist der 911 T kein Kostverächter, aber auch kein Schluckspecht – und mit einem 64-Liter-Tank kommt man locker über 500 Kilometer weit. Praktisch für längere Touren, und darum geht’s ja beim „Touring“.
Das Cabriolet bleibt trotz seiner Kompromisse alltagstauglich. Die Dämmung ist dünner, die Verglasung leichter, aber wer nicht permanent mit 200 über die Autobahn stürmt, wird davon wenig merken. Selbst auf Kopfsteinpflaster bleibt der Komfort solide – Porsche weiß, wie man Sport mit Sinn baut.
Nur der Kofferraum bleibt traditionell bescheiden: 135 Liter vorne. Reicht für zwei Weekender, ein paar Sonnenbrillen und das gute Gefühl, richtig gepackt zu haben.
Assistenz, Technik & Ausstattung
Der Carrera T ist kein minimalistischer Purist, sondern ein clever komponiertes Paket. Serienmäßig dabei: PASM, Sportabgasanlage, 20-/21-Zoll-Leichtmetallräder, Sperrdifferenzial, Sport Chrono-Paket. Dazu das optionale Bose-System, Matrix-LED-Scheinwerfer, Nachtsichtassistent, 360-Grad-Kameras – und fertig ist der Gentleman unter den Sportwagen.
Das Infotainment ist porschetypisch: logisch, schnell, unaufdringlich. Kein Firlefanz, keine übertriebenen Animationen. Apple CarPlay und Android Auto sind an Bord, das Navigationssystem arbeitet zuverlässig. Nur die Touchfelder am Lenkrad sind ein bisschen empfindlich – wer mit Handschuhen fährt, erlebt manchmal digitale Eigenwilligkeit.
Besonders beeindruckend sind die Matrix-LED-Leuchten. Die Ausleuchtung ist perfekt, das Fernlicht reagiert präzise, und das System blendet so feinfühlig aus, dass selbst Rehe im Wald höflich nicken würden.
Varianten & Preise des Porsche 911 Carrera T
Der Porsche 911 Carrera T Cabriolet startet bei 155.800 Euro – und ist damit das Tor zur analogen Elfer-Welt. Unser Testwagen, mit einer Menge von dem, was schön, praktisch oder einfach luxuriös ist, kam auf 177.916 Euro. Wer auf die Stoffmütze verzichten und dafür das totale puristische Erlebnis in Coupé-Form haben möchte, ist derweil ab 146.800 Euro dabei.
Klar, das ist kein Schnäppchen, aber wer Porsche fährt, kauft kein Fortbewegungsmittel. Er kauft eine Haltung. Und in diesem Fall: das letzte Kapitel einer Geschichte, die bald digital weitergeschrieben wird.
Kundenfeedback
In Foren, auf Stammtischen und in Porsche-Clubs hört man ein Muster: „Der letzte Handschalter? Den muss man fahren!“ Viele Besitzer schwärmen von der mechanischen Ehrlichkeit des Getriebes, dem klassischen Klangbild und dem puren Gefühl.
Kritik? Selten, aber vorhanden. Die Sitzheizung dürfte etwas schneller reagieren, der Cupholder ist – siehe oben – eine Farce, und wer die Dämmung eines Panamera erwartet, sollte vielleicht auch einen Panamera kaufen. Doch die Begeisterung überwiegt deutlich. „Ein Elfer, der nicht laut sein muss, um besonders zu sein“, sagt ein Besitzer. Und besser kann man’s kaum zusammenfassen.
Fazit zum Porsche 911 Carrera T Cabrio
Der Porsche 911 Carrera T Cabriolet ist kein Auto für den Mainstream. Er will nicht der Schnellste, Lauteste oder Digitalste sein. Er will der Ehrlichste sein – und das gelingt ihm mit beeindruckender Konsequenz.
In einer Zeit, in der alles automatisiert, vernetzt und „smart“ sein muss, steht der T für etwas anderes: für das Analoge, das Handgemachte, das Gefühl. Jeder Schaltvorgang ist ein Moment, jede Kurve eine Erinnerung, jeder Kilometer ein Statement.
Er ist der letzte seiner Art – und das spürt man. Wenn man offen durch die Nacht fährt, das Boxerschnaufen im Rücken, die Drehzahl im Griff und den Schaltknauf aus Holz in der Hand, dann weiß man: Das hier ist nicht einfach Autofahren. Das ist Kulturpflege.
Konkurrenzmodelle
Der Porsche 911 Carrera T Cabriolet spielt in einer kleinen, aber umso faszinierenderen Liga – dort, wo Emotion und Exklusivität wichtiger sind als Verkaufszahlen. Seine Rivalen? Eine bunte Mischung aus Charaktertypen, die entweder schon Legenden sind oder kurz davor stehen, Geschichte zu werden.
Allen voran der Jaguar F-Type R75 – ein britischer Klassiker, der in seiner finalen Sonderedition den letzten Auftritt des großvolumigen V8 feiert. Mit 575 PS und Kompressor-Aufladung klingt er so, wie Sportwagen heute eigentlich nicht mehr klingen dürfen: wild, roh, charmant unvernünftig. Doch das Kapitel F-Type ist geschlossen – die Produktion endet, und mit ihr verschwindet eines der letzten emotionalen Verbrenner-Cabrios Europas.
Ebenfalls auf der Zielgeraden: der Lexus LC 500 Convertible. Der Japaner ist ein rollendes Kunstwerk – ein Designobjekt mit 5,0-Liter-V8-Sauger, das in seiner analogen Ehrlichkeit fast schon zu gut in diese Vergleichsrunde passt. Leider wird auch er im kommenden Jahr eingestellt, ein Opfer der CO₂-Bilanz und der Konzernlogik. Wer einen will, sollte sich beeilen – danach bleibt nur noch der Gebrauchtmarkt.
Bleiben die Dauerbrenner: der BMW M4 Cabriolet mit Allrad, Power und Alltagstauglichkeit, technisch überragend, emotional aber etwas kühler. Der Mercedes-AMG SL 55 4MATIC+ spielt die Luxuskarte mit souveränem Komfort, hoher Reisetauglichkeit und digitaler Perfektion – allerdings auch mit spürbar mehr Gewicht und weniger Purismus.
Und dann ist da noch der Elfer. Der Porsche 911 Carrera T Cabriolet steht zwischen all diesen Konzepten wie ein Gentleman mit Öl an den Händen – nicht das lauteste, nicht das modernste, aber das ehrlichste Auto im Raum. Während andere verabschiedet oder elektrifiziert werden, hält er die analoge Fahne hoch – mit Schaltknauf, Heckantrieb und jener Klarheit, die man heute fast nostalgisch nennen darf.
Wer Emotion sucht, findet sie hier. Wer Geschichte spüren will, auch. Und wer wissen möchte, warum ein 911 immer noch der Maßstab bleibt, muss nur den ersten Gang einlegen.
Text / Fotos: NEU!
Kamera: Canon EOS 6D