Es gibt Cabrios und es gibt Sportwagen. Und es gibt auch sogenannte Supersportcabrios. Doch das, was das neue Porsche 911 Turbo S Cabrio abfackelt, ist jenseits von Gut und Böse. 650 PS treffen auf 1,7 Tonnen Leergewicht und katapultieren den Zuffenhausener in 2,8 Sekunden von Null auf 100 Stundenkilometer, das Ende der Fahnenstange ist bei 330 Sachen erreicht. Noch Fragen?
Der Look
Fast unschuldig blickt unser in Achatgrau Metallic lackierter Testwagen durch seine runden Augen drein. Das braune Verdeck harmoniert derweil prima mit der trüffelbraunen Innenausstattung und sorgt für gediegenes Flair. Die Silhouette ist altbekannt – Porsche hat auch beim jüngsten Spross alles beim Alten belassen und doch vieles neu gemacht.
Kennern wird das neue Standlicht ins Auge fallen, welches nun zweigeteilt im Frontstoßfänger Einzug hält. Von der Seite betrachtet, gibt es dann einen massiven, ausgestellten Hinterwagen zu betrachten. Die seitlichen Lufteinlässe hinter den Türen sind markant und erstmals rollt der Turbo S auf Mischbereifung vor – hinten mit 315er-Reifen.
Apropos hinten: Die Heckansicht macht ebenfalls nicht auf prollig, sondern gibt sich relativ markenkonform. In unserem Falle war die Sportabgasanlage an Bord, sodass sich der Turbo S kaum von seinen weniger starken Carrera-Brüdern unterscheidet – von der Breite und dem Heckspoiler mal abgesehen. Ansonsten verrät ein kleiner „Turbo-S-Schriftzug“ den stärksten Vertreter der Modellreihe.
Im Innenraum fällt der Blick auf fünf Rundinstrumente, von denen vier digitalisiert wurden – lediglich der Drehzahlmesser bleibt als analoge Reminiszenz erhalten. Die anderen Viere sind streng genommen zwei Bildschirme, die sich nach Belieben konfigurieren lassen.
Der Zentralbildschirm hat ebenfalls an Größe gewonnen und erstreckt sich nun auf 10,9 Zoll. In puncto Infotainment wartet der 911 Turbo S bereits ab Werk mit jeder Menge Features auf, von denen man die meisten schnell schätzen lernt. DAB+ gehört genauso dazu wie ein Navigationssystem mit Echtzeit-Verkehrsmeldungen, Apple CarPlay und Co. Dank der Internetanbindung lässt sich auch das Wetter abrufen oder man kann im Stau Nachrichten lesen.
Die Ausstattung
Ab Werk an Bord ist ein Soundsystem aus dem Hause Bose. In unserem Testwagen befand sich das High-End-Pendant von Burmester, welches – genau wie die Fahrleistungen – auf einem sehr hohen Level spielt. Die rund 3.100 Euro sind für eine audiophile Klientel gut investiert. Generell ist unser Testwagen sehr luxuriös ausgestattet, was Optionen wie eine Sitzbelüftung (1.032 Euro), eine 360-Grad-Kamera (1.009 Euro) oder der Komfortzugang samt Schlüssel-Dummy (533 Euro) unterstreichen.
Wie nicht anders erwartet, können wir keinerlei Kritik zur Materialauswahl und Verarbeitung verlieren – alles ist hier tadellos, wenngleich sich an einigen Stellen die Zugehörigkeit zum VW-Konzern erkennen lässt. Das Platzangebot ist vorne auch für groß gewachsene Zeitgenossen als sehr gut einzustufen, auch bei geschlossenem Verdeck. Hinten möchte man höchstens Kindern eine Reise zumuten. Die Übersicht ist bei geöffnetem Verdeck ideal, in geschlossenem Zustand freut man sich derweil über eifrige Kamera- und Sensorunterstützung. Benchmark: Die serienmäßigen LED-Matrix-Scheinwerfer, welche jede unserer Nachtfahrten taghell erleuchteten.
Der Antrieb im Porsche 911 Turbo S Cabrio
Angetrieben wird das Porsche 911 Turbo S Cabriolet von einem 3,8 Liter großen Boxermotor samt Biturbo-Aufladung. 650 PS und 800 Newtonmeter maximales Drehmoment stehen hier zur Verfügung. Da unsere ersten Testfahrten durch die City einer norddeutschen Großstadt führen, können wir hierüber noch keine Auskunft geben, wohl aber darüber, dass sich der offene Elfer herrlich einfach dirigieren lässt. Maßgeblich trägt hierzu die Hinterachslenkung bei, welche das Parken und Rangieren auf beengtem Raum durchaus zu erleichtern weiß.
Auch ansonsten bleibt die 650-PS-Rakete handzahm, die Gasannahme ist nicht abenteuerlich übermotiviert und das Fahrwerk federt das Gros an Unzulänglichkeiten souverän weg. Klar, das Fahrzeug bleibt immer noch sehr verbindlich und man spürt die Fahrbahn zu jeder Zeit. Doch wirklich schroff wirkt das nicht.
Abseits der Stadt stellen wir das Drehrad auf Sport Plus und erleben, wozu Porsche-Ingenieure in der Lage sind. Wie von der Tarantel gestochen, reißt es das Cabrio nach vorn, die Gangwechsel geschehen gefühlt im Daumenkino-Tempo und wir müssen unseren Führerscheinen zuliebe schnell wieder vom Gas gehen. Eine derart imposante und gleichzeitig lässige Show kann kaum ein anderes Fahrzeug bieten. Apropos: Die Performance in Kurven ist ebenso bemerkenswert. Der Grenzbereich ist für den Durchschnittsfahrer nie erreichbar, allein schon aus Gründen der Vernunft. Selbst bei abenteuerlichen Kurvengeschwindigkeit bleibt der Turbo S fest mit der Straße verbunden, verzieht keinen Zentimeter und folgt der Ideallinie wie auf Schienen.
Auf der Autobahn wollen wir es wissen und beschleunigen das Zuffenhausener Geschoss in Richtung der 300-km/h-Marke. Diese ist schnell passiert und wir erreichen bei nächtlich-leerer Autobahn 340 km/h als Tachowert. Das werden Sie nie fahren? Müssen Sie auch nicht, aber mit welcher Souveränität er diese Tempi meistert, ist faszinierend. Mindestens genauso faszinierend ist die – dankbarerweise – serienmäßige Carbon-Keramikbremse, deren vordere 420 Millimeter-Scheiben von zehn (!) Kolben in die Zange genommen werden. Die Verzögerung verschlägt Fahrer und Passagieren wortwörtlich den Atem und vernichtet kinetische Energie auf Rennwagen-Niveau.
Widmen wir uns nun noch dem Thema Verbrauch. Angegeben ist der 911 Turbo S mit 12,2 Litern pro 100 Kilometer nach dem realitätsnahen WLTP-Zyklus. Wir verbrauchten im Schnitt exakt einen Liter weniger, also 11,2 Liter Super Plus. Beziehen wir unsere High-Speed-Fahrt und die Touren im Sport-Plus-Modus mit ein, so sind es am Ende 13,6 Liter, die Sportfahrer auch generell einplanen dürfen. Aus Sicht der Redaktion ist dies ein respektabler Wert für das Gebotene.
Sinnvolle Konfiguration im Porsche 911 Turbo S Cabrio
Man könnte ja meinen, dass ein Fahrzeug mit einem Grundpreis von knapp 245.000 Euro bereits nahezu vollausgestattet zum Kunden rollt. Aber da hat man die Rechnung ohne Porsche gemacht. Nicht nur, dass es noch zwei gute Hände voll Optionen gibt. Nein, der solvente Kunde hat zudem die Möglichkeit, seinen Über-Elfer nach Belieben zu personalisieren. Da frohlockt die erlauchte Klientel.
Da Personalisierung per definitionem auf persönlichem Geschmack beruht, geben wir nachfolgend lediglich einen Überblick über praktische Optionen, mit denen jeder Turbo S bestückt werden sollte.
Fazit zum Porsche 911 Turbo S Cabrio
Das Porsche 911 Turbo S Cabriolet zeigte in unserem Test einen erstaunlichen Facettenreichtum, den man bei einem Sportwagen sonst kaum erleben kann. Der Preis ist deftig, die Fahrleistungen noch deftiger. Es bedarf keiner großen Vorkenntnisse, um mit dem Über-Elfer schnell, ja sehr schnell zu sein. Aus Sicht der Redaktion ist kaum ein anderes Fahrzeug näher an Perfektion.
Als Cabrio kommt das serienmäßige Open-Air-Gefühl dazu, welches zum Genießen einlädt und zumindest ein bisschen über den Anschaffungspreis in Höhe von 266.323 Euro hinwegtrösten kann. Wer es lieber „classic“ mag und keinen überzüchteten, optisch auffälligen oder charakterstarken Supersportler sein Eigen nennen möchte, erhält mit dem Turbo S einen domestizierten, extrem potenten und dennoch uneingeschränkt alltagstauglichen Begleiter, der fast schon als Daily genutzt werden kann und somit den Zweitwagen überflüssig macht.
Konkurrenzmodelle: Ferrari Roma Spyder, Aston Marton DB11 Volante, McLaren 720S Spider
Technische Daten
Modell | Porsche 911 Turbo S Cabrio |
Länge x Breite x Höhe (m) | 4,54 x 2,02 x 1,30 |
Radstand (mm) | 2.450 |
Motor | Sechszylinder-Boxermotor |
Hubraum (ccm) | 3.745 |
Leistung (kW / PS) | 478 / 650 |
Drehmoment (Nm) | 800 |
Getriebe | 8-Gang Porsche Doppelkupplungsgetriebe (PDK) |
Antrieb | Allradantrieb |
Kraftstoffart | Super Plus |
Durchschnittsverbrauch (WLTP in Liter) | 12,2 |
Durchschnittsverbrauch (NEU! in Liter) | 11,2 |
CO²-Ausstoß (nach WLTP in g/km) | 276 |
Abgasnorm | Euro 6d-ISC-FCM |
0 auf 100 km/h (in Sekunden) | 2,8 |
Höchstgeschwindigkeit (km/h) | 330 |
Leergewicht (kg) | 1.710 |
Kofferraumvolumen (l) | 128 |
Farbe | Achatgrau Metallic |
Grundpreis (Euro) | 244.749 |
Testwagenpreis (Euro) | ca. 266.323 |
Test / Fotos: NEU!
Kamera: Canon EOS 6D
































