Wer bisher dachte, dass die Mobilitätswende nur mit deutschem Gründlichkeitspathos, amerikanischer Überambition oder chinesischer Software-Übermacht funktioniert, sollte sich mal kurz umdrehen – denn aus der Türkei kommt eine Marke namens Togg, und sie bringt mit dem Togg T10 direkt zwei Modelle auf die Bühne: Den T10X (ein SUV) und den T10F (eine Art Elektro-Limousine mit viel Innenraum-Disco).
Und weil wir auf der Messe nicht nur neugierig, sondern auch mutig waren, haben wir beide Modelle unter die Lupe genommen. Kleiner Spoiler: Nein, es gibt keine Çay-Halter, aber dafür Selfie-Kameras in 4K. Der Erstkontakt.
Der erste Eindruck
Der erste Blick auf den Togg T10F und T10X verrät: Revolution sieht anders aus. Aber wer sagt eigentlich, dass ein Elektroauto aussehen muss wie ein iPad auf Rädern? Die beiden Türken kommen in solide-eleganter Optik daher – kein Design-Overkill, kein Zukunfts-Kasperletheater. Eher so: „Gute Hausmannskost, aber mit WLAN.“
Der T10X ist der SUV von beiden – 4,6 Meter lang, bullig, aber nicht protzig. Der T10F spielt die Limousinenkarte, eher Coupé als Business-Kombi, aber mit klarer Kante und einem Touch Understatement. Es gibt keine Spielereien mit aufgesetzten Spoilern oder kryptischen Lichtsignaturen – dafür reichlich Glasfläche und innen eine Tech-Show, die sogar TikTok-Influencer nervös machen dürfte.
Apropos Innenraum: Es blinkt, es leuchtet, es zeigt. Drei Displays in einer Linie, Kameras zur Diebstahlüberwachung und – ja, kein Witz – ein Selfie-Modus für Fahrer und Beifahrer. Klar, für den Fall, dass man während der Schnellladung noch dringend ein neues Profilbild braucht.
Der Antrieb des Togg T10X und T10F
Technisch sind Togg T10F und T10X Brüder im Geiste – und unter der Haube. Beide kommen zum Marktstart in Deutschland ausschließlich mit Heckantrieb und der großen Batterie, die satte 88,5 kWh fasst. Daraus zaubert der E-Motor 216 PS und 350 Nm Drehmoment. Klingt jetzt nicht nach Hypercar, aber reicht locker für den flotten Sprint zur Ladestation: Der T10X braucht nur 7,8 Sekunden von 0 auf 100 – und das bei einem Lebendgewicht von über 2,1 Tonnen. Mit Dönerplatte auf dem Rücksitz vielleicht ein Zehntel mehr.
Die Reichweite? Offiziell bis zu 623 Kilometer im T10F – was man natürlich mit einem Körnchen Ladeparkplatz-Salz genießen sollte. Aber selbst wenn es in der Praxis nur 500 km sind: Damit lässt sich ein Wochenende zwischen Köln und Kappadokien realistisch planen.
Auch nicht schlecht: Ladeleistung bis 180 kW. In 25 Minuten von 20 auf 80 Prozent? Klingt nicht nur gut – klingt fast schon europäisch. Nur das Segelmodus-Gefühl beim Ausrollen fehlt ein bisschen. Der Strom fließt, aber nicht ganz so butterweich wie bei den ganz Großen. Aber hey: Wer neu auf dem Platz ist, darf auch mal mit Ecken und Kanten glänzen.
Preise & Marktstart
Der Togg T10F und T10X starten in Deutschland mit der Ausstattungslinie V2 und großer Batterie – zum Preis ab 41.200 Euro. Keine große Auswahl zum Marktstart, keine Verwirrung: Es gibt genau eine Konfiguration. Farben? Wahrscheinlich. Felgen? Bestimmt. Aber sonst: V2 oder nichts.
Das Basismodell V1E Standard Range mit kleinerem Akku kommt erst ab 2026, ebenso wie weitere Versionen mit Allradantrieb und weniger Bling-Bling im Innenraum. Preislich beginnt das Ganze dann bei 34.295 Euro, die goldene Mitte (V1 Long Range) liegt bei 40.118 Euro. Der Preis für die AWD-Variante? Noch streng geheim – vermutlich wird er irgendwo zwischen „Ups“ und „Okay, dafür vielleicht doch ein ID.4“ liegen.
Bis dahin gilt: Wer jetzt bestellt, bekommt noch dieses Jahr geliefert – zumindest verspricht das der Hersteller. Die nächsten Runden starten 2026, dann aber mit mehr Auswahl. Und vielleicht einem Cupholder für Ayran.
Die Konkurrenz des Togg T10
Ein türkisches SUV und eine Limousine mit über 600 Kilometern Reichweite, Schnellladefähigkeit, Design auf Nummer sicher und Tech-Gimmicks im Innenraum? Willkommen im Haifischbecken, liebe Togg T10-Brüder.
Auf dem Speiseplan:
- Tesla Model Y: Technisch überlegen, aber softwareseitig manchmal im Beta-Test-Modus.
- Volkswagen ID.5 / ID.7: Made in Germany, aber eher solide als sexy.
- Hyundai Ioniq 5 & Ioniq 6: Futuristisch, effizient, aber weniger charmant.
- Renault Scenic E-Tech: Der Franzose mit Geschmack – und gelegentlichem Elektronikstress.
- Skoda Enyaq Coupé: Groß, praktisch, tschechisch-bodenständig.
Und dann wäre da natürlich noch das Image-Problem: Togg muss sich erstmal einen Namen machen – denn auf den Straßen Deutschlands ist die Marke bisher eher so bekannt wie Raki im Supermarktregal.
Erstes Fazit zum Togg T10
Der erste Eindruck zählt – und Togg T10F und T10X hinterlassen definitiv einen. Vielleicht nicht wegen spektakulärem Design oder unverschämt sportlicher Fahrwerte, sondern weil hier jemand leise, aber bestimmt in den Raum tritt und sagt: „Hallo, wir machen das jetzt auch – und zwar ordentlich.“
Die Fahrzeuge wirken solide, durchdacht, modern – und das Innenraumkonzept spielt locker in der oberen Liga. Wer mit dem Namen leben kann und keine Markenprotzerei betreibt, bekommt hier richtig viel E-Auto fürs Geld.
Klar, es gibt noch Fragezeichen: Wie steht’s um Service, Werkstattnetz, Langzeitqualität? Aber die ersten Schritte sind gemacht – und sie gehen in die richtige Richtung.
Togg T10? Kann was. Ehrlich. Und wenn das nächste Modell dann vielleicht noch „T20“ heißt, machen wir die nächste Titelzeile einfach: „Türkischer Angriff auf das Golf-Segment“. Versprochen.
Text: NEU!
Fotos: NEU! / Togg
Kamera: Canon EOS 6D