Es gibt sie noch, die klassischen Vans – und ein überdauernder Vertreter dieser Klasse hört auf den Namen VW Touran.
In seiner mittlerweile erst zweiten Generation und doch schon 20 Jahre auf dem Markt. Ist das noch normal? Früher war´s das mal. Aber mittlerweile sind die Lebenszyklen der (vielen) Modelle so kurz wie die Zigarette danach. Irgendeine Produktpflege, ein Facelift, Lifecycle-Impulse oder eine Modellpflege / Produktaufwertung gibt es doch immer.
Und so kommt es vor, dass viele Modelle nicht einmal zwei Jahre alt werden, bevor sie „geliftet“ werden. Genug gelästert. Zurück zum Touran.
Dieser scheint stärker als die Zeit zu sein und vertritt tapfer seine Stellung in der Van-Klasse. Wir fuhren den Touran als R-Line mit Zwei-Liter-Diesel als Siebensitzer. Und Volkswagen hat sich alle Mühe gegeben, den Touran in schickem Delfingrau möglichst sexy aussehen zu lassen. Fahrbericht.
Der Look
Zugegeben, echtes Sexappeal hat dieses Vehikel nicht. Stand aber auch nicht auf der Entwicklungsliste ganz oben. Praktikabilität ist das Stichwort. Oder auch: wie man in einen recht kompakten Van sieben – möglichst ausgewachsene – Menschen hineinbekommt. Doch der Reihe nach.
Von außen zeigt sich unsere graue Maus recht schick – R-Line Paket sei Dank. Vorn gibt’s coole LED-Scheinwerfer samt Standard-Signatur, aber farblich abgesetzte Anbauteile in Schwarz, welche die Sportlichkeit (haha) betonen sollen. Gelingt so semi gut, aber ein Van sollte auch noch nie „Sexiest Car of the Year“ werden.
Herrlich oldschool geht’s weiter mit der Seitenansicht. Typisch Van – mit hoher Dachlinie und groooßen Türen. Einsteigen geht selbst mit massivsten körperlichen Einschränkungen und auch jenseits des Zwei-Meter-Maßes. 1:0 für den Touran, der schadenfroh viele sogenannte Crossover-SUVs angrinst.
Am Heck gibt’s ein Doppelendrohr und eine coole Lichtsignatur, die sich VW allerdings 235 Euro extra bezahlen lässt. Ein bisschen Moderne kommt dann doch noch ins Spiel: Der Touran trägt seinen Modellnamen mittig auf der Heckklappe, direkt unterhalb des Markenlogos.
Innen gibt’s dann die unendlichen Weiten, die wohl jeder Touran-Fahrer kennt und schnell lieben gelernt hat. Das gilt jedenfalls für die erste Reihe (hier gibt’s für 265 Euro sogar eine Massagefunktion) sowie für Passagiere Drei, Vier und Fünf. Die restlichen beiden sollten doch ein wenig akrobatischer (und kleiner) sein, um die Einzelsitze ganz hinten zu erklimmen. Ist das einmal bewältigt, sitzt man bis zu 1,75 Körpergröße auch dort ganz angenehm.
In Sachen Kofferraum kommt es ganz auf die Nutzung an. Reist man zu fünft, bleiben üppige 834 Liter fürs Gepäck übrig. Ganz schön SUVig. Möchten sieben Personen auf Reisen gehen, sollte das Gepäck spärlich ausfallen: Es verbleiben 137 Liter und damit in etwa so viel wie in einem Porsche 911. Als Nutztier mit umgeklappten Rücksitzen werden auf einmal fast 2.000 Liter frei. Baumarkt – here we go!
Der Antrieb im VW Touran
Wirklich viele Antriebe hat man dem Touran nicht mehr gegönnt. Übrigens auch keinen Allrad, was wir etwas schade finden. Aber nun gut. Wir entschieden uns für den 150 PS starken Diesel, der in Sachen Drehmoment und Effizienz schon auf dem Papier glänzt und im gesamten VAG-Konzern (intern und bei uns als Testern) als eierlegende Wollmilchsau gilt. Das gibt in der heutigen Zeit zwar kaum einer gerne zu, ist aber so. Auf der Langstrecke sind diese (mittlerweile sauberen!) Diesel einfach abartig sparsam und nach dreieinhalb Minuten wieder aufgetankt. Basta.
Unser Exemplar erfuhr mit uns weit über tausend Kilometer und wirklich negativ viel hier nichts auf.
Wenig überraschend war die Abstimmung des Fahrwerks. Dank DCC (Adaptivfahrwerk oder in VWisch auch „Dynamic Chassis Control“) lassen sich die Dämpfer von sportlich über neutral bis hin zu komfortabel trimmen, was wir richtig gut fanden und daher auch empfehlen.
In der Stadt fiel besonders auf, dass der Van mit seiner kurzen Schnauze und den vielen Glasflächen einfach mega übersichtlich ist. Klar, eine Rückfahrkamera hilft auch hier beim Parken, ist aber mehr Bonus denn Notwendigkeit. Die knapp 300 Euro dürfen trotzdem gern investiert werden, sicher ist sicher.
Die Stärken
Seine eigentlichen Stärken spielt der VW Touran in zwei Disziplinen aus. Erstens: Der Transport von Fracht aller Art (einschließlich Menschen). Das kann er und hat es über die Jahre perfektioniert. Sehr gut finden wir, dass der Van sich auch voll beladen immer noch artig fahren lässt. Die Bremsen erledigen einen hervorragenden Job und das Handling ist auch für Fahranfänger sehr gutmütig. Will heißen, auch vollgepackt schiebt der Touran im Grenzbereich leicht über die Vorderräder, was das ESP allerdings schon früh zu unterbinden weiß.
Zweitens: Der Dauerlauf. Junge, Junge, selbst nach 500 Kilometern am Stück steigt man hier entspannt aus (zumindest die ersten fünf Passagiere) und könnte eigentlich direkt weiter. Was übrigens auch geht, denn auf der Tankuhr standen noch weitere 498 Kilometer Restreichweite. Kurzum darf man hier viel erwarten und wird nicht enttäuscht.
Wie schon dezent erwähnt, war auch der Verbrauch eine echte Überraschung. Unter sechs Litern auf 100 Kilometer Fahrstrecke ist schon eine echte Kampfansage. Zumal es sich hier um einen getesteten Praxisverbrauch handelt, der 1:1 reproduziert werden kann. Sparfüchse kriegen auch eine Drei vor dem Komma hin, während Vollgasorgien – hört, hört – mit rund acht Litern quittiert werden.
Die Ausstattung im VW Touran
In Sachen Ausstattung geben wir nachfolgend einen Überblick:
Allerdings gibt es noch eine Menge an Sonderausstattungen, die den Preis letztendlich locker auf über 60.000 Euro treiben können. Unser Testwagen verfügte über eine beinahe Vollausstattung und kam ziemlich genau auf die besagten 60k.
Nachfolgend eine kurze Empfehlung in Sachen Sonderausstattung der Redaktion:
Gibt’s hier noch Konkurrenz?
Wenig. Denn genau hier wird’s eng. Außer dem scheidenden S-Max von Ford bleibt höchstens noch der Grand Scenic von Renault übrig, denn auch dem Espace machte man jüngst den Garaus. Selbst im Premium-Segment ging es dem BMW 2er Grand Tourer an den Kragen – der frische 2er Active Tourer hingegen wäre zwar auch eine Alternative, offeriert aber viel mehr SUV-Charakter.
Kurzum: Der Touran kämpft quasi auf weiter Flur alleine. Aber das macht er gut, wie das Fazit zeigt.
Fazit zum VW Touran
Der VW Touran zeigte im Test, dass ein Van noch immer ein praktisches Alltagstier sein kann. Allüren sind ihm fremd und wirklich negativ fiel allenfalls die teils umständliche Bedienung des Infotainments auf – doch hier sind die neueren Modelle (Stichwort: Golf 8) erheblich schlimmer.
Wer sich im Udo-Lindenberg-Stil stärker als die Zeit zeigen will und herrlich antizyklisch gegen den Strom schwimmen möchte, macht mit dem Touran alles richtig. Der Diesel ist spitze und abartig effizient. Hier können und wollen wir nichts Schlechtes kundtun.
Die Ausstattung des Testwagens war reichhaltig – lediglich ein Glasdach darf noch als Empfehlung gelten, auch um die Menschenfracht im Fond mit Tageslicht zu versorgen.
Dass für den nicht mehr so frischen Van happige 60k auf der Uhr stehen, ist hingegen schon ziemlich selbstbewusst. Oder eben auch frech – wie man´s nimmt. Auf jeden Fall macht man mit dem Wolfsburger Urgestein nichts falsch.
Technische Daten
Modell | VW Touran 2.0 TDI |
Länge x Breite x Höhe (m) | 4,53 x 2,09 x 1,66 |
Radstand (mm) | 2.786 |
Motor | Vierzylinder-Reihenmotor |
Hubraum (ccm) | 1.968 |
Leistung (kW / PS) | 110 / 150 |
Drehmoment (Nm) | 360 |
Getriebe | 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (DGS) |
Antrieb | Frontantrieb |
Kraftstoffart | Diesel |
Durchschnittsverbrauch (WLTP in Liter) | 5,2 |
Durchschnittsverbrauch (NEU! in Liter) | 5,6 |
CO²-Ausstoß (nach WLTP in g/km) | 137 |
Abgasnorm | Euro 6d-ISC-FCM |
0 auf 100 km/h (in Sekunden) | 9,3 |
Höchstgeschwindigkeit (km/h) | 205 |
Leergewicht (kg) | 1.632 |
Kofferraumvolumen (l) | 834 – 1.980 (137 Liter als Siebensitzer) |
Farbe | Delfingrau |
Grundpreis (Euro) | 36.250 |
Testwagenpreis (Euro) | ca. 60.311 |
Text / Fotos: NEU!
Kamera: Canon EOS 6D