Ein eher ungewöhnliches Fahrzeug hält mit dem Nissan Townstar Einzug auf unserem Testgelände.
Warum? Nun ja, hier handelt es sich um den Kastenwagen, der vorwiegend zum Transport von Fracht und nicht von Personen dient. Nichtsdestotrotz schauen wir auch diesem Fahrzeug – welches im Übrigen baugleich mit dem Renault Kangoo ist – einmal genauer unters Blech. Fahrbericht.
Der Look
Der Nissan Townstar ist ein klassischer Hochdachkombi – nur eben ohne Fenster. Dies bringt ihm die Bezeichnung „Kastenwagen“ ein, denn er ist primär zum Gütertransport gedacht. Die Front trägt moderne Scheinwerfer und der Kühlergrill zeigt zwar nicht die klassische „V-Motion“- Signatur, doch man gab sich immerhin Mühe, wenigstens ein paar Gene des Hauses mit einfließen zu lassen.
Denn der Townstar ist eine Kooperation mit Renault. Als Kangoo gibt es ebendiesen in fast baugleicher Form. Ein Blick auf die Seite zeigt einen geradlinigen Kastenwagen, frei von irgendwelchen Design-Spielereien. Was hingegen auffällt: Es gibt nur eine Schiebetür.
Am Heck kommt ebenfalls eine Doppeltür zum Einsatz, die im Verhältnis 2:1 geöffnet wird. Beladen wird damit zum Kinderspiel, auch deshalb, weil die Ladekante extrem niedrig ausfällt. Die feine Lichtsignatur der Heckleuchten transferiert auch hier einen Hauch Moderne in das Nutzfahrzeug.
Und innen?
Im Innenraum gibt es derweil nur Platz für zwei Personen – der Rest ist dem Ladegut vorbehalten. Da sich direkt hinter den Passagieren eine Trennwand befindet, lassen sich die Sitzlehnen nur bedingt verstellen, was besonders bei großen respektive sehr großen Personen zu Problemen führen kann. Bis 1,80 Meter geht dies jedoch in Ordnung. Die Sitze selbst sind relativ bequem und der gesamte Innenraum wurde im Vergleich zu früheren Modellen deutlich aufgewertet.
Dass schnell der Eindruck aufkommt, man säße in einem Renault, kommt – wie bereits erwähnt – von der Kooperation mit der französischen Marke. Der Zentralbildschirm wurde aufgesetzt und lässt sich schon nach kurzer Eingewöhnung intuitiv bedienen. Sehr gut ist zudem die Smartphone-Halterung zwischen Zentraldisplay und Tacho samt USB-Slot zum Laden.
Die Klimaeinheit erhielt eine separate Etage mit manuellen Drehreglern und Tasten, während das Cockpit in analoger Form auftritt und mit einem mittig platzierten Info-Display aufwartet.
Hauptaugenmerk lag natürlich auf dem Ladeabteil des Nissan Townstar Kastenwagen. Dieser offeriert in unserem Fall stattliche 3.100 Liter und ist damit jedem auch noch so großen SUV überlegen. Statt einer – wie im Testwagen verbaut – festen Trennwand, gibt es auch ein variables Derivat, durch welche die Laderaumlänge von 1,80 auf 3,10 Meter vergrößert werden kann. Ein klappbarer Beifahrersitz und die damit verbundene Nutzung des Beifahrerplatzes ermöglichen dies.
Mit der fest installierten Trennwand sind die 1,80 Meter gesetzt. Die Laderaumbreite beträgt derweil 1,57 Meter und die Höhe liegt bei 1,21 Meter. Ausgekleidet ist der Laderaum mit Kunststoff, der zwar einfach wirkt, aber eben seinen Zweck tut. Ladegut aller Art sollte hier stets gesichert werden, da das Material recht rutschig ist und die Fracht ansonsten ständig hin und her rutscht.
Der Antrieb des Nissan Townstar
Angetrieben wurde unser Nissan Townstar von einem 130 PS starken Vierzylinder, der auch aus diversen Renault-Modellen bekannt ist. Frontantrieb gilt beim Kastenwagen als gesetzt und die manuelle Sechsgang-Schaltung passte richtig gut zu dem agilen Aggregat.
Das Fahrverhalten erwies sich als recht angenehm, wenn man zugrundelegt, dass es sich hier um ein Nutzfahrzeug handelt. Egal, ob beladen oder unbeladen, die Federung verrichtete ihre Arbeit stets mit Sorgfalt. Nur komplett unbeladen und bei schlechten Straßen polterte die Hinterachse von Zeit zu Zeit über Querfugen und Spurrillen, was jedoch nicht untypisch für Nutzfahrzeuge ist.
Lenkung und Bremsen taten, was sie sollten und gaben keinen Anlass für Kritik. Lediglich der Umstand, dass die Bremsen bei voller Beladung ordentlich mit dem Kastenwagen zu tun hatten, zeigt, dass hier nicht mehr viel Spielraum ist. Also bitte die Geschwindigkeit anpassen und nicht überladen fahren.
Leichte Kritik gibt es bei der Dämmung – hier hat man offenbar ein wenig gespart. Besonders das laute Klacken der Türverriegelung beim Anfahren ist allen Testfahrern sofort aufgefallen. Doch auch die zunehmende Lautstärke oberhalb von 120 km/h ist eine Erwähnung wert. Klar, dies ist ein Nutzfahrzeug, aber ein klein wenig mehr Dämmmaterial hätte sicher nicht geschadet.
Eine große Überraschung war der Verbrauch des Nissan Townstar. 6,4 Liter genehmigte sich der Kastenwagen auf 100 Kilometer, was aus unserer Sicht ein echt guter Wert ist und exakt der WLTP-Angabe entspricht. Lässt man es ruhig angehen, sind auch Werte um vier Liter keine Kunst. Und wer voll beladen alles gibt, erntet selten mehr als zwölf Liter Super pro 100 Kilometer Wegstrecke.
Preis & Ausstattung des Nissan Townstar
Als N-Connecta besaß unser Testwagen eine für ein Nutzfahrzeug als sehr gut einzustufende Ausstattung, die unter anderem folgende Optionen mitbrachte:
Eine 360-Grad-Kamera half enorm beim Parken und Rangieren, zumal es in diesem Fahrzeug keinen Rückspiegel gibt. Wäre auch witzlos, denn die Trennwand braucht man sich nun wirklich nicht dauerhaft anzuschauen. Umso besser gelingen auch Wendemanöver unter Nutzung der Außenspiegel und eben der 360-Grad-Kamera. Eine Rückfahrkamera sollte derweil mindestens vorhanden sein.
Ebenfalls praktisch ist das schlüssellose Zugangs- und Startsystem, welches – analog zu diversen Renault-Modellen – mit einem Annäherungssensor ausgerüstet ist. So öffnet sich der Kastenwagen bei Annäherung und verriegelt sich, wenn sich der Fahrer samt Schlüssel entfernt. Darüber hinaus werden beim Verriegeln die Außenspiegel angeklappt, was im urbanen Bereich von großem Nutzen sein kann.
Die LED-Scheinwerfer erhielten von uns das Prädikat gut. Sie sind jedem Halogenlicht um Welten voraus und leuchten die Fahrbahn vor dem Fahrzeug ausreichend aus. Lediglich die Homogenität könnte etwas besser sein.
Darüber hinaus gab es noch ein gut funktionierendes Navi, eine Müdigkeits- und Verkehrszeichenerkennung sowie ein klanglich durchschnittliches Soundsystem, mit dem man leben kann. Die Klimaanlage muss derweil ohne Automatik auskommen, kühlt und heizt aber bemerkenswert schnell den (kleinen) Innenraum.
Fazit zum Nissan Townstar
Mit dem Nissan Townstar Kastenwagen reiht sich ein weiteres Nutzfahrzeug in die bestehende Riege ein, ohne dabei wirklich aufzufallen. Das kann man ihm sicherlich negativ auslegen – oder eben auch nicht, wie wir finden. Denn er überzeugte uns durchweg mit einer ehrlichen, nüchternen Art und einer üppigen Ausstattung, die man so von einem Nutzfahrzeug nicht erwarten würde.
Dass hier rund 30.000 Euro den Besitzer wechseln, macht den Townstar zwar zu keinem super Schnäppchen, doch die Betriebskosten sollten sich dennoch im Rahmen halten. Und wer auf die E-Welle aufspringen möchte, für den gibt es auch den Townstar EV, also das vollelektrische Pendant.
Darüber hinaus steht auch noch eine Kombi-Variante zur Verfügung, die ringsum verglast ist und den Fokus auf Menschenbeförderung legt. Kleine Familien mit einem Faible für Hochdach-Kombis werden hieran sicherlich Freude finden. Auch dieser Caddy-Konkurrent ist mittlerweile als Elektrovariante „EV“ erhältlich.
Konkurrenzmodelle: Renault Kangoo, VW Caddy Cargo, Citroen Berlingo Kastenwagen, Opel Combo Cargo, Ford Transit Courier, Peugeot Partner, Fiat Doblò
Technische Daten des Nissan Townstar Kastenwagen
Modell | Nissan Townstar Kastenwagen DIG-T 130 N-Connecta |
Länge x Breite x Höhe (m) | 4,49 x 2,16 x 1,86 |
Radstand (mm) | 2.716 |
Motor | Vierzylinder-Reihenmotor |
Hubraum (ccm) | 1.333 |
Leistung (kW / PS) | 96 / 130 |
Drehmoment (Nm) | 240 |
Getriebe | 6-Gang-Handschaltgetriebe |
Antrieb | Frontantrieb |
Kraftstoffart | Super E10 |
Durchschnittsverbrauch (WLTP in Liter) | 6,4 |
Durchschnittsverbrauch (NEU! in Liter) | 6,4 |
CO²-Ausstoß (nach WLTP in g/km) | 145 |
Abgasnorm | Euro 6d-ISC-FCM |
0 auf 100 km/h (in Sekunden) | 11,3 |
Höchstgeschwindigkeit (km/h) | 183 |
Leergewicht (kg) | 1.399 |
Kofferraumvolumen (l) | 3.100 |
Farbe | Rot Uni (Rot) |
Grundpreis (Euro) | 24.050 |
Testwagenpreis (Euro) | ca. 30.487 |
Text / Fotos: NEU!
Kamera: Canon EOS 6D