Natürlich gibt es sie immer noch. Die geächteten Riesen-Viecher mit großem Motor und abartig viel Leistung. Doch es gibt auch Zielgruppen dafür. Das alles kommt aber nicht mal annähernd an das heran, was der jüngste Spross aus Zuffenhausen zu bieten hat. Verpackt in einem arktikgrauen Dress und mit jeder Menge Carbon verziert, wartet der Porsche Cayenne Turbo GT mit 640 PS Leistung auf. Und wir sprechen hier nicht von Standard-PS, sondern von Porsche-PS.
Der Look
Auf den ersten Blick zeigt sich das Geschöpf recht artig – zumindest in der Frontansicht. Ein klassischer Cayenne, ohne wirklich nennenswerte Änderungen, die dem unkundigen Betrachter auffallen könnten. Carbon kriegt man ja mittlerweile auch bei den anderen Versionen. Erst die Seitenansicht erklärt, dass man bei Porsche mittlerweile auch SUV-Coupés feiert und den Cayenne kurzerhand plattgedrückt hat. Und das sieht ziemlich gut aus.
Während das Dach nach hinten fein abfällt, warten unter den blauen, 22 Zoll großen Felgen (ist Geschmacksache, harmoniert aber bestens mit der Lackfarbe) familienpizzagroße Bremsscheiben auf ihren Einsatz. Spätestens hier sollte man nun also stutzig werden. Am Heck kommt dann die Aufklärung. „Turbo GT“ steht dort mittig auf der Haube und dieser Schriftzug ist so gar kein Marketing-Gag. Hinzu kommen zwei ebenfalls mittig platzierte Endrohre mit blauen Inlets (das gleiche Blau wie das der Felgen) und fertig ist das Performance-SUV-Coupé. Klingt komisch, sieht aber wirklich gut aus.
Im Innenraum wird schnell der Eindruck geweckt, dass man es hier ernst gemeint hat mit dem Rennsport-Gedanken. Platz genommen wird auf bequemen Sitzen mit Alcantara-Leder-Bezug, der Blick fällt auf einen analogen Drehzahlmesser und die Hände umgreifen ein Alcantara-Lenkrad mit gelber 12-Uhr-Markierung. Dass es den Passagieren an nichts mangeln muss, zeigt schon ein Blick auf die Ausstattungsliste: Von beheizten Sitzen über eine 4-Zonen-Klimaautomatik bis hin zu einem kompletten Entertainment-System samt High-End-Soundsystem kann alles bestellt werden – muss es aber nicht. Unser Testwagen ist am Ende des Tages solide, aber lange nicht vollausgestattet. Und das reicht.
Es darf am Rande erwähnt werden, dass auch die Passagiere im Fond bequem reisen. Bis zu einer Körpergröße von 1,90 Metern ist hier niemand gefährdet. Und das Gepäck? Nun ja, bis zu 549 Liter schluckt das Abteil in Standardstellung; soll mal der Baumarkteinkauf untergebracht werden, können bis zu 1.464 Liter freigegeben werden.
Der Antrieb des Porsche Cayenne Turbo GT
Nun aber zur eigentlichen Kernkompetenz dieses Fahrzeugs. „Turbo GT“ ist quasi ein Ritterschlag bei Porsche, denn nicht viele Fahrzeuge tragen den Zusatz „GT“ im Namen. Aber wie passt das zusammen? Ein rennstreckentaugliches SUV klingt irgendwie absurd, ist es aber nicht, wie unser Test zeigte.
Fahrimpressionen
Wir bewegen den Über-Cayenne erst einmal ganz zivil durch urbane Gefilde und sind erstaunt über den hohen Komfortlevel. Klar, die 22-Zöller und das Sportfahrwerk sind nicht die Grundbestandteile für eine Sänfte auf Rädern, aber dennoch fährt sich der Turbo GT sehr entspannt im norddeutschen Feierabendverkehr. Wer die Sportabgasanlage geordert hat, kann bei jedem Beschleunigen dem fein blubbernden V8 lauschen. Das ist hier ganz und gar nicht vulgär, sondern vielmehr berauschend. Berauschend ist auch das, was der Cayenne macht, wenn man in den Sport-Plus-Modus wechselt.
Der Ausflug auf die Autobahn ist bei einer Probefahrt Pflicht, denn erst hier (oder auf der Rennstrecke) zeigt dieses SUV, was es eigentlich kann. Wenngleich die Beschleunigung von Null auf 100 km/h in 3,3 Sekunden schon eindrucksvoll genug ist, so zeigt sich der Zuffenhausener vor allem im Durchzug extrem potent und offensiv und schießt regelrecht nach vorne. Erst bei Tacho 308 geht ihm die Puste aus.
Das für sich allein genommen wäre schon spektakulär, aber wir sprechen hier nicht von einem Supersportwagen, sondern von einem ausgewachsenen SUV (-Coupé) mit einem Leergewicht von rund 2,3 Tonnen. Umso wichtiger, dass dieses Fahrzeug serienmäßig über die besten Bremsen aus dem Hause Porsche verfügt. Die sogenannte Porsche Ceramic Composite Brake – kurz PCCB – ist eine Carbon-Keramik-Verbundbremse, die mit dem Dickschiff verdammt gut klarkommt. Der Bremsweg lässt sich zwar nicht wegzaubern, aber es ist erstaunlich, wie vehement dieser Brocken deutscher Ingenieurskunst auf Wunsch verzögert.
Ein wahrgewordener Traum
Ansonsten möchten wir nicht unerwähnt lassen, dass das Porsche Doppelkupplungsgetriebe – kurz PDK – auch hier einen hervorragenden Job erledigt. Die Schaltvorgänge erfolgen wahlweise unbemerkt im Hintergrund oder heftig spürbar im besagten Sport-Plus-Modus. Auch die Lenkung weiß zu überzeugen. Für ein SUV extrem präzise scheint sie fast 1:1 aus einem 911 Turbo übernommen worden zu sein.
Ganz großes Kino ist zudem das bereits angesprochene Fahrwerk, das selbst die härteste Gangart nicht nur verträgt, sondern eine Vorliebe dafür zu haben scheint. Nicken oder Wanken? Nicht in diesem Cayenne. Hinzu kommt ein Allradantrieb, der vollvariabel entweder sicheres Vorankommen gewährleistet oder performanceorientiert den ein oder anderen Heckschwänzler zulässt.
Gibt’s denn da überhaupt was zu kritisieren? Klar, und das wird jetzt die Kritiker freuen. Der Cayenne Turbo GT konsumiert nach WLTP rund 14 Liter Super Plus auf 100 Kilometer. Im Test waren es rund 13,3 Liter, was in Anbetracht des Gebotenen mehr als in Ordnung geht. Lässt man es sehr behutsam angehen, sind auch einstellige Werte möglich und wer die allseits bekannte Kuh fliegen lässt, darf sich nicht über eine Zwei als erste Zahl wundern.
Das alles hat natürlich seinen Preis. Los geht es bei knapp unter 200.000 Euro. Puh. Die gute Nachricht: Der Turbo GT rollt bereits sehr umfangreich ausgestattet zum Kunden. Selbst unser Testwagen lag mit 211.000 Euro nicht weit vom Einstiegspreis entfernt.
Sinnvolle Konfiguration eines Porsche Cayenne Turbo GT
Erst einmal gilt festzuhalten, dass der Turbo GT nicht einfach nur ein Cayenne mit mehr Leistung ist. Wer – und das hatten wir bereits erwähnt – den Namenszusatz „GT“ bei Porsche erhält, hat einen Status erreicht, der weit über das Normale hinausgeht. Aus diesem Grunde fallen auch unsere Tipps zur Konfiguration etwas anders aus:
Fazit zum Porsche Cayenne Turbo GT
Der Porsche Cayenne Turbo GT polarisiert, entzweit die Gemüter und prescht herrlich antizyklisch an allem vorbei, was man heutzutage so predigt. Ob das sein muss? Nein, natürlich nicht. Trotzdem ist es beeindruckend, was heutzutage mit einem SUV (mit Verbrenner) möglich ist. Porsche zündet hier eindrucksvoll ein Performance-Feuerwerk sondergleichen und all diejenigen, die das Glück haben werden, einen zu besitzen, werden ihn wohl auch solange fahren, bis man endgültig allen Verbrennern den Garaus gemacht hat. Hoffentlich dürfen wir noch eine Weile schwärmen.
Konkurrenzmodelle: BMW X6 M, Lamborghini Urus S, Aston Martin DBX707
Technische Daten
Modell | Porsche Cayenne Turbo GT |
Länge x Breite x Höhe (m) | 4,94 x 2,19 x 1,64 |
Radstand (mm) | 2.895 |
Motor | Achtzylinder-V-Motor |
Hubraum (ccm) | 3.996 |
Leistung (kW / PS) | 471 / 640 |
Drehmoment (Nm) | 850 |
Getriebe | 8-Gang-Tiptronic S |
Antrieb | Allradantrieb |
Kraftstoffart | Super Plus |
Durchschnittsverbrauch (WLTP in Liter) | 14,1 |
Durchschnittsverbrauch (NEU! in Liter) | 13,3 |
CO²-Ausstoß (nach WLTP in g/km) | 319 |
Abgasnorm | Euro 6d-ISC-FCM |
0 auf 100 km/h (in Sekunden) | 3,3 |
Höchstgeschwindigkeit (km/h) | 300 |
Leergewicht (kg) | 2.220 |
Kofferraumvolumen (l) | 482 – 1.464 |
Farbe | Arktikgrau |
Grundpreis (Euro) | 205.003 |
Testwagenpreis (Euro) | ca. 211.101 |
Test / Fotos: NEU!
Kamera: Canon EOS 6D