Der Mercedes-Benz GLE 450d erhielt, wie auch seine Modellgeschwister – kürzlich ein Facelift, welches wir in diesem Test vorstellen.
Die Baureihe GLE verfügt über eine recht lange Tradition, die bis ins Jahr 1997 reicht. Dort wurde erstmals unter der Bezeichnung „ML“ das große SUV mit Stern präsentiert. Einige Generationen und eine Namensänderung später steht hier nun der GLE als stärkster Diesel mit Sechszylinder und Mildhybrid-Unterstützung auf unserem Parkplatz.
Wir fuhren den X5- und Q7-Konkurrenz in einem dezenten Sodalithblau Metallic und mit dem serienmäßigen Allradantrieb 4Matic. Fahrbericht.
Der Look
Auf den ersten Blick zeigt sich der modernisierte GLE von seiner besten Seite. Die Front trägt eine üppig dimensionierten Kühlergrill mit unzähligen kleinen Sternen und einer dynamisch geformten Frontschürze samt großen Lufteinlässen. Die Scheinwerfer haben ihren „Doppel-Bumerang-Look“ abgelegt und stattdessen eine neue Signatur, bestehend aus vier kleinen Stäbchen sowie einem großen LED-Lidstrich erhalten. Während unseres Testes wurden wir diesbezüglich mehrfach angesprochen und erhielten nicht selten das Feedback, dass die Scheinwerfer des Vorgängers „schicker“ gewesen seien. Nun ja, das ist dann wohl Geschmacksache.
Die Seitenpartie zeigt immer noch ein klassisches, ausgewachsenes SUV mit angenehmen Proportionen und einem langen Radstand. Eine Handvoll neue Lackfarben und Felgendesigns sind zudem für das Facelift erhältlich. Am Heck gibt es ebenfalls eine neue Lichtsignatur, welche die der Frontscheinwerfer aufgreift. Eine geänderte Heckschürze und verchromte Enrohrblenden (ja, auch hier sind diese nicht echt) runden den Gesamteindruck ab. Insgesamt bleibt der GLE damit sehr stilvoll und fast schon klassisch. Nur als AMG-Derivat dürfte er deutlich krawalliger rüberkommen.
Und innen?
Auch im Innenraum hielten sich die Modernisierungen in Grenzen, was nicht bei jedem Betrachter auf positive Resonanz stieß. Doch der Reihe nach. Zunächst erwartet den zusteigenden Fahrer ein großes Doppel-Display, wie man es auch aus anderen Modellen der Marke kennt. Die beiden Bildschirme, die unter einer Glasfläche zu einer Einheit verschmelzen sind hier nicht gebogen, sondern gerade, lassen sich aber dennoch bestens ablesen.
Das Lenkrad ist neu im Facelift und offeriert nun keine echten Drehregler mehr, dafür allerdings Touchflächen. Diese funktionierten im Test überwiegend fehlerfrei, eine filigrane Einstellung der Lautstärke beispielsweise ist aber eher Fummelei und ließ sich mit den physischen Reglern deutlich besser justieren. Dafür gefällt das Lenkrad mit einer angenehmen Haptik und einer tollen Verarbeitung.
Überhaupt zeigen sich Materialauswahl und Verarbeitungsqualität im Inneren des Mercedes-Benz GLE 450d überaus hochwertig – zumindest im sichtbaren Bereich. In den unteren Ebenen hat man sich allerdings auf etwas preiswerteren Kunststoff verständigt, was wir in einem Fahrzeug jenseits der 100.000 Euro doch nicht so ganz verstehen. Im Gegensatz hierzu steht die aufwändige Ambientebeleuchtung, die den Innenraum des SUVs holistisch in die Farbe der Wahl taucht.
Und auch platztechnisch spielt der GLE ganz weit oben mit. Sowohl vorne als auch hinten haben selbst groß gewachsene Passagiere weder Probleme beim Einsteigen, noch beim Verweilen. Kopf- und Beinfreiheit sind hier in rauen Mengen vorhanden. Und wer es subjektiv noch etwas größer haben möchte, kann ein optionales Panorama-Glasdach ordern.
In Sachen Kofferraum gibt es ebenfalls keine Kritik. Mit 630 Litern sollten alle Anforderungen des täglichen Bedarfs abgedeckt werden. Und sollte das Premium-SUV mal zum Premium-Sprinter umfunktioniert werden, stehen nach Umklappen der Rücksitzlehnen üppige 2.055 Liter Ladevolumen bereit.
Der Antrieb des Mercedes-Benz GLE 450d 4Matic
Angetrieben wird der Mercedes-Benz GLE 450d von einem drei Liter großen Reihensechszylinder-Diesel, der von einem 48-Volt-Mildhybridsystem unterstützt wird. So stehen am Ende 387 PS und 750 Newtonmeter auf dem Datenblatt. Die Kraftverwaltung übernimmt eine 9-Gang-Automatik und dank des serienmäßigen Allradantriebs 4Matic wird diese Kraft bei Bedarf auch an alle vier Räder geleitet.
Was auf dem Papier schon üppig klingt, erwies sich in der Praxis als sehr harmonisches, aber kraftvolles Paket, welches das große SUV mit Leichtigkeit beschleunigt und auf Fahrt hält. Der Sechszylinder an sich ist in Sachen Laufkultur ein Meisterstück und kann auch mit den Pendants von BMW und Land Rover mithalten. Die 750 Newtonmeter stehen bereits sehr früh zur Verfügung und so schiebt der Selbstzünder bereits kurz über der Leerlaufdrehzahl an. Nur wer die Drehzahl in die Höhe treibt, bekommt vom Motor überhaupt etwas mit, ansonsten hält sich dieser akustisch komplett im Hintergrund.
Auf unseren Testfahrten konnten wir zudem feststellen, dass der GLE noch immer den größten Wert auf Komfort legt. So bügelt das Fahrwerk des großen SUVs – wir hatten das optionale E-Active-Body-Control für über 6.500 Euro an Bord – quasi jede Unebenheit weg. Und mit weg meinen wir weg. Das Fahrwerk arbeitet Hand in Hand mit einer Stereo-Kamera in der Frontscheibe und erkennt schon in gewisser Entfernung etwaige Unebenheiten. Die Dämpfer werden hierauf eingestellt und beim Überfahren ebendieser Unebenheiten spüren weder Fahrer noch Passagiere etwaige Unregelmäßigkeiten. Ein teures Feature, das im Sinne des erhabenen Komforts allerdings auf der eigenen Optionsliste stehen sollte und den GLE fast zu einer S-Klasse mutierten lässt.
Der Curve-Modus ist genial
Die Lenkung passt ebenfalls hervorragend zum GLE und arbeitet präzise genug, um auch mal die ein oder andere Kurve zügiger zu durchfahren. Wer dies möchte, sollte idealerweise in den Modus „Sport“ oder „Curve“ wechseln. Im Sportmodus erhärten die Dämpfer spürbar, aber ohne allzu große Komforteinbußen. Im Curve-Modus hingegen neigt sich das Fahrzeug in die jeweilige Kurve – bis zu drei Grad. Das sieht nicht nur cool aus, sondern reduziert auch auftretende Fliehkräfte im Innenraum auf ein Minimum.
Die Bremsen hatten trotz des Leergewichts von über 2,4 Tonnen keine Schwierigkeiten, das große SUV angemessen und auf Wunsch mit Nachdruck zu verzögern. Die 9-Gang-Automatik hat wohl ebenfalls den Knigge-Kurs Magna cum laude absolviert, denn das Wechseln der Gänge ist nur auf Wunsch und meist auch nur im Sportmodus spürbar. Dass der 4Matic Allradantrieb im Mercedes-Benz GLE 450d mittlerweile kein permanenter sondern ein Hang-on-Allradantrieb ist, hat uns doch ein wenig verwundert. Doch Mercedes hat es geschafft, die Kräfte so blitzschnell von einer zur anderen Achse zu leiten, dass wir trotz schneereichen Wetters keinerlei Traktionsdefizite feststellen konnten.
Der Verbrauch des 450er belief sich in unserem Test auf 8,4 Liter Diesel pro 100 Kilometer. Das liegt zwar ein wenig oberhalb der Werksangabe, ist aber für ein derart großes Fahrzeug alles andere als ausufernd. Wer es ruhig angehen lässt, fährt den großen Stern auch problemlos mit sechs Litern. Und wer ständig hohe Geschwindigkeiten auf der Autobahn fährt, erntet dennoch selten mehr als elf Liter pro 100 Kilometer Fahrstrecke.
Preis & Ausstattung
In Sachen Ausstattung ist bereits die Basis solide bestückt. Allerdings gibt es für den GLE eine schier endlos lange Aufpreisliste, die den Gesamtpreis in schwindelerregende Höhen treibt. Unser Testwagen war gut, aber noch lange nicht vollausgestattet und kostete dennoch über 123.000 Euro.
Besonders hervorheben möchten wir derweil die sehr guten Multibeam LED-Scheinwerfer, die eine geniale Ausleuchtung selbst bei nasser Fahrbahn gewährleisten. Sowohl Abblend- als auch Fernlicht konnten im Test keinerlei Kritik verbuchen.
Auch die 360-Grad-Kamera konnte im Test weitgehend überzeugen, wenngleich wir es etwas schade fanden, dass die vordere Kamera ungeschützt vor Witterungseinflüssen bei unseren winterlichen Straßenverhältnissen oftmals mit Schnee und Gischt bedeckt war, was die Sicht hier vollkommen einschränkte.
Als gut erwies sich das Burmester Surround Soundsystem, welches definitiv dem Premium-, nicht aber dem High-End-Bereich zuzuordnen ist. High-End-Systeme sind hier übrigens erst ab dem GLS erhältlich, der GLE wird ausschließlich mit den kleineren Soundsystemen ausgerüstet. Das MBUX genannte Infotainment erfordert eine grundsätzliche Eingewöhnung, lässt sich dann aber einfach und komplikationsfrei bedienen.
Wenngleich die meisten Funktionen mittlerweile auch über die sehr gut funktionierende Sprachsteuerung gesteuert werden können. Diese versteht mittlerweile auch ganze Sätze und das sowohl mit Akzent als auch mit Dialekt.
Was wir zudem sehr begrüßen, ist das Magic Vision Control genannte System bei Mercedes, welches dafür sorgt, dass die Scheibenwaschflüssigkeit, auch direkt auf der Scheibe vor den Scheibenwischern landet. Immerhin 390 Euro möchte der Hersteller auch im Mercedes-Benz GLE 450d zusätzlich für dieses Feature haben. Alle Assistenzsysteme glänzten derweil mit reibungsloser Funktion und keinem im Bordbuch notierten Ausfall während unseres Testes.
Fazit zum Mercedes-Benz GLE 450d
Der Mercedes-Benz GLE 450d 4Matic brach im Test nicht mit Konventionen und polarisierte auch nicht durch hypermoderne Stilelemente. Nein, vielmehr zeigte er sich als gediegenes, klassisches und dennoch der Moderne zugeneigtes SUV, das einzig und allein höchstem Komfort verpflichtet zu sein scheint.
Dass dabei auch sportive Fahrer auf ihre Kosten kommen, gewährleistet der 387 PS starke Antrieb, der vor nicht allzu langer Zeit mit dieser PS-Zahl eher V8-Motoren zuzuordnen war. Im Zusammenspiel mit dem hervorragenden Fahrwerk und der Ruhe im Innenraum dürfte sich auch die Konkurrenz warm anziehen. Denn so schnell macht auch dem Facelift des GLE niemand etwas vor.
Kleine Abstriche müssen hingegen bei der Materialauswahl im nicht sichtbaren Bereich gemacht werden. Wer damit leben kann, ist mit dem großen Diesel-GLE bestens bedient.
Konkurrenzmodelle: Audi Q7, BMW X5, Lexus RX, VW Touareg, Range Rover, Volvo XC90
Technische Daten des Mercedes-Benz GLE 450d 4Matic
Modell | Mercedes-Benz GLE 450d 4Matic |
Länge x Breite x Höhe (m) | 4,92 x 2,16 x 1,80 |
Radstand (mm) | 2.995 |
Motor | Sechszylinder-Reihenmotor |
Hubraum (ccm) | 2.989 |
Leistung (kW / PS) | 285 / 387 |
Drehmoment (Nm) | 750 |
Getriebe | 9-Gang-Automatikgetriebe (9G-Tronic) |
Antrieb | Allradantrieb (4Matic) |
Kraftstoffart | Diesel |
Durchschnittsverbrauch (WLTP in Liter) | 7,7 |
Durchschnittsverbrauch (NEU! in Liter) | 8,4 |
CO²-Ausstoß (nach WLTP in g/km) | 202 |
Abgasnorm | Euro 6-ISC-FCM |
0 auf 100 km/h (in Sekunden) | 5,6 |
Höchstgeschwindigkeit (km/h) | 250 |
Leergewicht (kg) | 2.405 |
Kofferraumvolumen (l) | 630 – 2.055 |
Farbe | Sodalithblau Metallic (Dunkelblau) |
Grundpreis (Euro) | 94.113 (Basis-GLE ab: 85.055) |
Testwagenpreis (Euro) | ca. 123.480 |
Text / Fotos: NEU!
Kamera: Canon EOS 6D