Der BYD Atto 3 tritt in der europäischen Kompaktklasse der vollelektrischen Fahrzeuge an und setzt sich gegen etablierte Konkurrenten wie den VW ID.3 und den Kia Niro zur Wehr. Während sich immer mehr Marken aus China auf den Straßen Europas behaupten, rückt der Atto 3 durch sein modernes Design und ein überzeugendes, weil faires Preis-Leistungs-Verhältnis ins Rampenlicht.
Doch kann der chinesische Stromer in der Praxis überzeugen und den hohen Ansprüchen der europäischen Käufer gerecht werden? In diesem Test nehmen wir den Atto 3 unter die Lupe und zeigen, was der Crossover mit dem auffälligen „Surfing Blue“ Lack in der Ausstattung „Design“ wirklich drauf hat. Fahrbericht.
Der Look
Mit dem Atto 3 beweist BYD erneut ein feines Gespür für europäische Designvorlieben. Das vollelektrische Kompakt-SUV kombiniert moderne Linienführung mit markanten Details – und hebt sich damit sichtbar von der Masse ab.
Die Frontpartie wird von schmal geschnittenen LED-Scheinwerfern dominiert, die durch ein elegantes Chromband verbunden sind. Darunter betonen flügelartige LED-Tagfahrlichter und sportlich gestaltete Luftkanäle die dynamische Präsenz des BYD Atto 3 – ein Auftritt, der sowohl stilbewusste Stadtfahrer als auch Designliebhaber anspricht.
Auch die Seitenansicht überzeugt: Kurze Überhänge und straffe Proportionen lassen den Elektro-SUV fast coupéhaft wirken. Die serienmäßigen 18-Zoll-Leichtmetallfelgen im Bicolor-Look fügen sich stimmig ins Gesamtbild ein und unterstreichen den athletischen Charakter. Eine besonders kreative Note: Die plastisch gestaltete C-Säule erinnert laut BYD an die Schuppen eines Drachens – ein dezenter, aber markanter Hingucker.
Am Heck setzt sich das hochwertige Design konsequent fort. Eine durchgehende LED-Leiste verbindet die beiden Rückleuchten und sorgt für eine stimmige Lichtsignatur, während die Form der Heckschürze Elemente der Front wieder aufgreift. Das ausgeschriebene BYD-Logo auf der Heckklappe rundet den selbstbewussten Auftritt ab.
Ob in der Stadt oder auf der Landstraße – der BYD Atto 3 präsentiert sich als stylishes Crossover-Modell für alle, die modernes Design mit innovativer Elektromobilität verbinden möchten.
Und innen?
Wer im Innenraum des BYD Atto 3 Platz nimmt, wird nicht umhin kommen, sich an der gestalterischen Experimentierfreude der Designer zu reiben – im positiven wie im kritischen Sinn. Während das Layout des Cockpits auf den ersten Blick aufgeräumt und funktional wirkt, offenbaren sich bei genauerem Hinsehen zahlreiche verspielte Details, die weit über das Übliche hinausgehen.
Dazu gehören etwa die mit Ambientelicht umrandeten Lautsprecher in den Türen, bei denen der darüberliegende Türöffner wie ein schwebendes Dach wirkt. Die Lüftungsdüsen sind scheibenförmig angeordnet und geben die Luft segmentweise ab. Besonders auffällig: In den Türverkleidungen gespannte rote Seile, die nicht nur optisch an Instrumentensaiten erinnern, sondern tatsächlich gestimmt wurden – sie lassen sich hörbar zupfen.
Das kleine, rein digitale Kombiinstrument hinter dem Lenkrad erinnert stark an das Konzept aus Volkswagens ID.-Modellen. Ein Head-up-Display fehlt, dafür dominiert ein drehbarer 15,6-Zoll-Zentralbildschirm die Mittelkonsole – eine Eigenheit, die sich bei BYD-Modellen inzwischen etabliert hat. Die Mittelkonsole selbst ist zweigeteilt und schafft Stauraum. Der Wählhebel, einem Flugzeug-Schubhebel nachempfunden, verstärkt den futuristischen Eindruck.
Vorne sitzen Erwachsene bequem, mit guter Polsterung und ausreichender Beinauflage. Im Fond überrascht die großzügige Beinfreiheit, während die Kopffreiheit für größere Personen etwas eingeschränkt ist.
Der Kofferraum bietet mit 440 Litern ein solides Maß, das sich durch Umlegen der Rücksitze auf 1.338 Liter erweitern lässt – inklusive ebenem Ladeboden. Ein Frunk ist nicht vorhanden, was bei einem E-Auto zwar auffällt, aber auch bei anderen Marken keine Selbstverständlichkeit ist.
Der Antrieb des BYD Atto 3
Mit dem Atto 3 verfolgt BYD eine eigene Linie – zumindest teilweise. Statt wie viele andere E-Autos automatisch zu starten, lässt sich der Atto 3 klassisch per Startknopf aktivieren. Unter der Haube arbeitet ein 204 PS starker Frontmotor, der leistungstechnisch auf Augenhöhe mit Modellen wie dem VW ID.3 liegt. Auch das maximale Drehmoment von 310 Newtonmetern entspricht dem deutschen Pendant.
Beim Spurt auf 100 km/h zeigt sich der BYD sogar im Vorteil: 7,3 Sekunden stehen in der Werksangabe, gemessen wurden 7,4 – trotz Winterreifen. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 160 km/h (Tacho: 172 km/h) und auch der rund 100 Kilogramm geringere Fahrzeugmasse im Vergleich zum ID.3 kommt dem Spurtverhalten zugute.
Allerdings wird das Fahrerlebnis nicht durchgehend positiv begleitet. So fällt die Leistungsentfaltung beim Anfahren zunächst sanft aus, doch gerade bei sportlicherem Tritt aufs Pedal verliert der Atto 3 schnell die Traktion. Das Traktionskontrollsystem (ASR) greift dann sehr abrupt ein und kappt die Leistung vollständig – teils bis zu einer halben Sekunde. Diese Verzögerung kann bei zügigen Fahrmanövern kritisch sein.
In der Fahrwerksabstimmung zeigt sich der BYD deutlich komfortorientiert. Karosseriebewegungen sind bei schnellen Richtungswechseln spürbar. Die Lenkung ist leichtgängig, bietet aber wenig Rückmeldung. Der Bremsweg ist kurz, das Pedalgefühl dagegen eher weich.
Zwei Fahrstufen für die Rekuperation sowie drei wählbare Fahrmodi über einen Schalter runden das Setup ab – solide, aber nicht außergewöhnlich. Insgesamt bietet der Atto 3 ein angenehmes Fahrverhalten, bleibt aber dynamisch hinter einigen Mitbewerbern zurück.
Geladen wird mit maximal 88 kW
m Praxisbetrieb zeigt der BYD Atto 3 beim Verbrauch ein anderes Bild als das Datenblatt vermuten lässt. Während der Hersteller von 16 kWh pro 100 Kilometer spricht, lag der Testverbrauch im realitätsnahen Drittelmix bei 20,7 kWh. Ein Wert, der angesichts niedriger Außentemperaturen zwar nachvollziehbar ist, aber dennoch deutlich über der Norm liegt.
Auf einer separat durchgeführten Sparrunde konnte ein Verbrauchswert von 14,1 kWh/100 km ermittelt werden – allerdings erst nach Umgehung des Bordcomputers, der auf den ersten 20 Kilometern unrealistisch niedrige Werte anzeigte. Die Berechnung erfolgte daher per Volladung-vorher-nachher-Methode.
Wenig beeindruckend fällt das Ladeverhalten aus. Zwar ermöglicht die sogenannte Blade-Batterie mit 60,5 kWh Bruttokapazität ein sicheres Laden, die maximale DC-Ladeleistung von 88 kW wurde im Test jedoch selten erreicht. Meist pendelte sich die Leistung zwischen 50 und 60 kW ein, was die Ladezeiten verlängerte. Der Ladevorgang von 10 auf 80 Prozent dauerte im Test 38 Minuten – angegeben sind 29. Die Vollladung bis 100 Prozent benötigte rund 70 Minuten.
Auch bei der Reichweite bleibt der Atto 3 hinter der Theorie zurück: Die angezeigten 415 Kilometer konnten unter winterlichen Bedingungen nicht erreicht werden. Im Drittelmix waren nach 340 Kilometern die Reserven erschöpft, bei reiner Autobahnfahrt reduzierte sich die Reichweite auf 263 Kilometer. Besser schlug sich das Fahrzeug im Stadtverkehr: Hier waren trotz niedriger Temperaturen bis zu 396 Kilometer möglich – bei moderatem Tempo und vorausschauendem Fahrstil.
Assistenz, Technik & Ausstattung
Der BYD Atto 3 bietet im Bereich Ausstattung und Technik mehr, als sein Preis zunächst vermuten lässt. Zentraler Blickfang im Innenraum ist der drehbare 15,6-Zoll-Touchscreen, der hochauflösend arbeitet und farblich überzeugt – egal ob horizontal oder vertikal. Eine Einschränkung gibt es dennoch: Bei der Nutzung von Android Auto oder Apple CarPlay ist nur die horizontale Ansicht möglich.
Das Infotainmentsystem ist onlinefähig, unterstützt Over-the-Air-Updates und bietet neben den typischen Funktionen auch weniger alltägliche Apps – darunter Karaoke, das allerdings nur im Stand verfügbar ist. Die Sprachsteuerung reagierte im Test zuverlässig auch auf natürliche Kommandos wie „mir ist kalt“ oder „ich habe Hunger“ – ein Pluspunkt im Alltag.
Weniger gelungen ist die Menüstruktur: Sitzheizung oder Klimasteuerung sind ausschließlich über den Homescreen erreichbar, was während der Fahrt wenig intuitiv ist. Für die Fondpassagiere gibt es separate Lüftungsdüsen und USB-Anschlüsse. Das Soundsystem ohne Markenlabel bietet acht Lautsprecher und einen soliden Klang – für diese Klasse durchaus überzeugend.
Serienmäßig mit an Bord sind ein großes Glasdach, LED-Scheinwerfer mit homogener Lichtverteilung (ohne Matrixfunktion), ein adaptiver Tempomat sowie diverse Sicherheitsassistenten wie Notbrems-, Spurhalte- und Totwinkelwarner. Auch ein Querverkehrswarner hinten ist integriert. Der Fernlichtassistent reagierte im Test allerdings teils verzögert.
Eine 360-Grad-Kamera mit hochauflösender Darstellung erleichtert das Rangieren deutlich. Spielerisch, aber potenziell ablenkend: Das mehrfarbige Ambientelicht lässt sich mit Musik synchronisieren – Geschmackssache.
Unterm Strich präsentiert sich der Atto 3 als überraschend umfangreich ausgestattetes E-SUV, dessen Bedienkonzept allerdings noch etwas Feinschliff vertragen könnte.
Varianten & Preise des BYD Atto 3
Der BYD Atto 3 wird derzeit in zwei Ausstattungslinien angeboten: „Comfort“ und „Design“. Die Preisunterschiede sind moderat, die Unterschiede in der Ausstattung überschaubar – und dennoch relevant.
Die Einstiegsversion „Comfort“ beginnt bei 37.990 Euro und bietet bereits eine umfangreiche Serienausstattung. Dazu zählen unter anderem LED-Scheinwerfer, ein elektrisches Glasdach, zahlreiche Assistenzsysteme, 18-Zoll-Leichtmetallräder sowie ein 12,8-Zoll-Touchdisplay mit Navigationsfunktion. Auch Android Auto und Apple CarPlay sind kabellos integriert.
Die höher positionierte Variante „Design“ startet bei 39.990 Euro und erweitert das Paket vor allem um Komfort- und Designmerkmale. So wächst das zentrale Display auf 15,6 Zoll und lässt sich elektrisch drehen. Das Ambientelicht ist mehrfarbig und kann auf Wunsch im Rhythmus der Musik pulsieren. Zusätzlich ist ein aktives PM2.5-Luftreinigungssystem verbaut, und die Heckklappe öffnet und schließt elektrisch – beides bleibt der Comfort-Variante vorbehalten.
Gemeinsam haben beide Versionen den rein frontgetriebenen Antrieb mit 204 PS sowie eine identische Innenraumgestaltung und Radkonfiguration. Auch bei den Außenfarben gibt es keine preislichen Unterschiede: Fünf Lackierungen stehen zur Auswahl – alle ohne Aufpreis.
Ein klassisches Optionssystem oder frei konfigurierbare Extras bietet BYD beim Atto 3 nicht. Das Modell richtet sich damit an Kund:innen, die Wert auf eine klare Preisstruktur und umfassende Serienausstattung legen. Preislich positioniert sich der Atto 3 somit deutlich unter vergleichbaren Modellen etablierter Hersteller – insbesondere, wenn man die Ausstattung ins Verhältnis setzt.
Kundenfeedback
Der BYD Atto 3 erhält von seinen Besitzern überwiegend positives Feedback, besonders in Bezug auf das hervorragende Preis-Leistungs-Verhältnis und die umfangreiche Ausstattung. Viele Nutzer loben das moderne Design, den großzügigen Innenraum und die vielen serienmäßigen Features, die in dieser Preisklasse selten zu finden sind. Besonders geschätzt wird auch die Fahrqualität auf längeren Strecken, die von einigen Besitzern als sehr angenehm im Vergleich zu älteren Modellen beschrieben wird.
Kritische Stimmen gibt es allerdings auch. Einige Nutzer berichten von kleinen Softwareproblemen, wie einer ungenauen Verkehrszeichenerkennung oder störenden Warnhinweisen bei geringfügigen Geschwindigkeitsüberschreitungen. Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Platzierung der USB-Anschlüsse, die von einigen Fahrern als unpraktisch empfunden wird.
Insgesamt betrachtet, stellt der Atto 3 für viele Kunden eine attraktive Option dar, besonders für Familien, die ein modernes Elektroauto mit guter Ausstattung zu einem fairen Preis suchen. Dennoch sollten Interessierte die genannten Schwächen im Blick behalten und prüfen, ob diese in ihrem Alltag eine Rolle spielen könnten.
Fazit zum BYD Atto 3
Mit dem Atto 3 bringt BYD ein kompaktes Elektro-SUV auf den europäischen Markt, das sich vor der Konkurrenz nicht verstecken muss. Zwar fehlt es dem Fahrverhalten an der letzten Präzision und Dynamik, die man etwa bei einem VW ID.3 findet – dennoch bietet der Atto 3 ein überraschend stimmiges Gesamtpaket.
Besonders positiv fällt die umfangreiche Serienausstattung auf, die selbst in der Basisversion nahezu vollständig ist. Große Bildschirme, zahlreiche Assistenten und Komfortmerkmale sind bereits enthalten – ohne Aufpreis. In Kombination mit einem Preis, der teils deutlich unter vergleichbar ausgestatteten Modellen westlicher Hersteller liegt, ergibt sich ein starkes Preis-Leistungs-Verhältnis.
Design und Innenraumgestaltung zeigen Mut zum Unkonventionellen. Hier polarisiert das chinesische Kompakt-SUV zwar, bietet aber auch Charakter – eine Qualität, die vielen Konkurrenten fehlt. Einschränkungen gibt es in der Individualisierung: Zwei Ausstattungslinien, kein Antriebswahlrecht, keine konfigurierbaren Extras – wer maximale Auswahl sucht, wird hier nicht fündig.
Auch bei Reichweite und Ladegeschwindigkeit spielt der Atto 3 nur im Mittelfeld, was ihn eher zum Stadt- und Pendlerauto als zum Langstreckenmodell macht. Doch gerade in diesem Einsatzbereich zeigt er seine Stärken: gute Effizienz im Stadtverkehr, hohe Alltagstauglichkeit und faire Betriebskosten.
Unterm Strich ist der BYD Atto 3 eine ernstzunehmende Alternative im Segment der kompakten E-Autos – vor allem für Preisbewusste, die auf Ausstattung nicht verzichten wollen.
Konkurrenzmodelle
In der hart umkämpften Kompaktklasse der Elektrofahrzeuge trifft der BYD Atto 3 auf zahlreiche starke Mitbewerber, die in puncto Technik, Reichweite und Preis-Leistungs-Verhältnis ähnliche Zielgruppen ansprechen. Besonders der Kia EV3 und der Hyundai Kona Elektro stehen in direkter Konkurrenz. Beide Modelle bieten eine gute Mischung aus Reichweite und Ausstattung, wobei der Kona Elektro durch seine Vielseitigkeit und der Kia EV3 durch sein sportliches Design hervorstechen.
Der VW ID.3 und der Cupra Born sind ebenfalls im Rennen, beide stark von der Volkswagen-Gruppe geprägt, aber unterschiedlich positioniert: Der ID.3 ist der preisbewusste, vielseitige Kompaktwagen, während der Cupra Born eine sportlichere Ausrichtung verfolgt. Der MG4 als weiteres preisgünstiges Modell beeindruckt mit einer guten Reichweite und einem klaren Fokus auf ein junges, technologieaffines Publikum.
Die GWM Ora 03 (Funky Cat) von Great Wall Motors stellt sich als schicker Herausforderer im urbanen Segment auf, während der Peugeot e-308 und der Opel Astra Electric als europäische Vertreter vor allem in Bezug auf das Design und das Fahrverhalten eine starke Präsenz zeigen.
Zudem gibt es auch den Fiat 600e, der mit seinem retro-inspirierten Design eine spezielle Zielgruppe anspricht und einen anderen Ansatz als der Atto 3 verfolgt. Nicht zu vergessen ist der Skoda Elroq, ein kompakter SUV, der eine ähnliche Klientel anspricht und dabei auf praktische Eigenschaften und gutes Fahrverhalten setzt.
Trotz der breiten Konkurrenz bleibt der BYD Atto 3 mit seiner attraktiven Preisgestaltung, dem auffälligen Design und der soliden Ausstattung ein ernstzunehmender Herausforderer in dieser stark umkämpften Klasse.
Text / Fotos: NEU!
Kamera: Canon EOS 6D