Mit dem Genesis G70 Shooting Brake zeigen die Koreaner, was sie unter einem angesprochen stilvollen Kombi verstehen.
Und dieses Verständnis stößt in Deutschland durchaus auf positive Resonanz. Doch wo Licht ist, fällt auch Schatten. Und so hat der Shooting Brake auch mit dem ein oder anderen Makel zu kämpfen.
Wir haben den G70 SB mit der stärksten in Deutschland erhältlichen Motorisierung gefahren. Ein Test mit dem 245 PS starken Fahrzeug in der Luxury-Linie gibt Aufschluss. Fahrbericht.
Der Look
Wenn man bedenkt, dass der Genesis G70 Shooting Brake erst 2021 in Deutschland eingeführt wurde, ist es beinahe tragisch, diese Schönheit nicht schon vorher hierzulande angeboten zu haben. Doch immerhin erfuhr der hübsche Kombi zeitgleich mit seiner hiesigen Markteinführung auch sein erstes Facelift. Schon auf den ersten Blick besticht der Shooting Brake mit der typischen Genesis-Designlinie, die wir bereits unter anderem vom klassischen G70 kennen. Die Front blickt durch schlank gezeichnete Scheinwerfer, die nicht gerade subtil an britische Luxusfahrzeuge erinnern. Im Grunde verläuft das Design bis zur B-Säule exakt wie bei der Limousine G70.
Erst ab der zweiten Hälfte verläuft die Dachlinie anders, wird zum Ende hin abfallend und mündet in einer massiven C-Säule. Ab dort erscheint ein nicht zu stark ausgeprägtes Heck, welches dem Shooting-Brake-Charakter alle Ehre macht. Die kleine Heckklappe wurde nahtlos integriert und die geteilten Heckleuchten sorgen für ein hohes Maß an Detailverliebtheit. Auch hier gehen die Endrohrblenden einer echten Aufgabe nach – Attrappen mag man bei Genesis wohl gar nicht, was wir sehr begrüßen.
Und dann wäre da diese Lackierung. Das Bond Silver des Testwagens ist eine Mattlackierung, die nicht nur vom Namen her cool wirkt. Sie taucht den Koreaner in ein Gewand aus mattem Grau und betont dabei sämtliche Linien. Der Aufpreis von 1.240 Euro ist zwar nicht von Pappe, aber aus Sicht der Redaktion jeden Euro wert.
Und innen?
Im Innenraum hebt sich der Genesis G70 Shooting Brake ebenfalls nicht sonderlich von seiner Limousinen-Schwester ab. Lediglich die Rundumsicht fällt hier ein wenig anders aus, was der geänderten Heckpartie zuzuschreiben ist. Durch die massiven C-Säulen ist selbige noch immer nicht wirklich gut, aber die Rundumkameras und Sensoren ringsum entschärfen die entstandenen Toten Winkel doch recht vernünftig.
Natürlich lässt sich auch hier aufgrund der noch nicht eingetretenen völligen Digitalisierung und der Tasten und Schalter, die aus dem Hyundai-Regal kommen, ein wenig auf das Alter des Fahrzeugs schließen. Doch wie schon beim G70 angeführt, ist das nicht zwingend negativ zu werden. Dank einer analogen Klimabedieneinheit und vielen physischen Tasten und Drehreglern lässt sich der Shooting Brake auch während der Fahrt problemlos bedienen. Ablenkung? Fehlanzeige!
Die Vordersitze warten mit einem hohen Komfortlevel auf und passen sich je nach gewähltem Fahrmodus sogar in der Breite an. Selbst groß gewachsene Menschen haben hier ausreichend Platz. Das kann man jedoch nicht über den Fond sagen. Selbst Personen mit einer Größe von rund 1,75 Meter haben Schwierigkeiten, auf den hinteren Plätzen des Kombis unterzukommen. Hier fordert das Design einen hohen Preis.
Auch der Kofferraum sieht nach mehr aus, als er verspricht. Mögen die 465 Liter noch angemessen erscheinen, so mangelt es jedoch massiv an praktischer Ausnutzung. Soll heißen: Zum einen ist die Ladeluke viel zu klein ausgefallen, zum anderen lässt sich der Laderaum nicht bis zur Dachkante füllen, denn dann schließt die Heckklappe nicht mehr. Der guten Ordnung halber sei erwähnt, dass (theoretisch) maximal 1.535 Liter Ladevolumen zur Verfügung stehen.
Der Antrieb des Genesis G70 Shooting Brake
Angetrieben wurde unser Testwagen vom 245 PS starken Zweiliter-Turbobenziner, den wir ebenfalls bereits vom klassischen G70 kennen. Der größte Unterschied ist der hier verbaute Allradantrieb. Dank 4WD offeriert der Koreaner insbesondere bei widrigen Verhältnissen deutlich mehr Traktion, was wir sehr schnell herausgefunden haben.
Wirklich gut ist derweil das Fahrwerk des Shooting Brake. Im Vergleich zur Limousine G70, die wir in der Ausstattung „Sport“ testeten, fuhr der Kombi als „Luxury“ vor, was auch in Sachen Federung einen deutlichen Komfortgewinn darstellte. Denn das Fahrzeug beherrschte deutlich besser den Spagat zwischen Komfort und Sport, ohne dabei in einer der beiden Disziplinen zu burschikos abzuschneiden.
Im Komfortmodus wird ein sehr souveränes Fahrverhalten zutage gefördert, dass auch kurze Verwerfungen, Gullydeckel und ähnliches locker wegfedert. Auf der anderen Seite zeigen sich die Dämpfer im Sportmodus angenehm erhärtet, sodass zügige Kurvenfahrten problemlos möglich sind und sogar Spaß machen. Dabei wirkt der Genesis nie knochentrocken oder kompromisslos – und so „schroff“ wie der „Sport-G70“ schon gleich gar nicht.
Noch ein Vergleich zur Limousine: Wer nicht die Ausstattung „Sport“ wählt, hat auch keinen Zugriff auf die optionalen, wirklich genialen Bremsen aus dem Hause Brembo. Doch das macht gar nichts. Denn bereits die Standard-Stopper beißen so fest zu, dass während unserer Testfahrten nie der Wunsch nach mehr Bremskraft aufkam. Nicht einmal bei der Kurvenhatz. Auch die Lenkung erwies sich im Test aus ausreichend feedbackfreudig und angenehm direkt. Sofern man hier keine Sportwagen-Referenzen zugrundelegt, bleiben Enttäuschen auf ganzer Linie aus.
Der Verbrauch
Der Antrieb fiel hingegen etwas ambivalent aus. Zwar sorgen die 245 PS auf dem Papier für ausreichend Leistung und auch die 353 Newtonmeter Drehmoment sind nicht von schlechten Eltern. Doch die Charakteristik des Motors ist eher einem Sauger gleichzusetzen, so linear gibt dieser seine Leistung ab. Daran kann man sich zwar gewöhnen, doch wer es dynamisch mag, muss den Kombi durch hohe Drehzahlen bei Laune halten.
Und so kommt am Ende ein Durchschnittsverbrauch von knapp zehn Litern Super pro 100 Kilometer heraus, der sicherlich keinen Bestwert darstellt. Lässt man es ruhiger angehen, stehen am Ende rund sieben Liter auf der Uhr. Im Stadtverkehr müssen circa zwölf Liter einkalkuliert werden. Wer die 245 Pferde auf freier Autobahn galoppieren lässt, erntet 16 Liter und mehr.
Preis und Ausstattung des Genesis G70 Shooting Brake
Für den schicken Kombi werden mindestens 46.180 Euro fällig. Als „Luxury“ rollt der Genesis G70 Shooting Brake bereits mit einer sehr soliden Ausstattung vor, die nur durch eine Handvoll Pakete ergänzt werden kann. Dann stehen allerdings in Verbindung mit dem 2,2 Liter großen Dieselmotor und Heckantrieb mindestens 51.060 Euro auf dem Zettel. Aufgefallen ist uns vor allem die sehr umfangreiche Sicherheitsausstattung, die wir im folgenden Kapitel einmal näher beleuchten wollen.
Zunächst widmen wir uns dem 3D-Cockpit des Fahrzeugs, das in Sachen Ablesbarkeit und Bedienung keine Kritik zu verbuchen hat. Allerdings – und das haben alle 3D-Cockpits von Genesis gemein – tritt hier des Öfteren ein Flimmern auf, das sich nur abschalten lässt, indem man die 3D-Ansicht deaktiviert. Als sehr gut erwies sich das Infotainment des Genesis G70 Shooting Brake. Sowohl Bedienung als auch Übersichtlichkeit sind durchweg sehr gut. Gleiches gilt für die Navigationsführung, die auch Echtzeit-Verkehrsinformationen bereitstellt und im Test ebenfalls nur Lob erhielt.
Was ist noch aufgefallen?
Ebenfalls hervorragend ist die Kameraausstattung des Kombis. Wenngleich schon eine Rückfahrkamera ausreichend wäre, so unterstützt die 360-Grad-Kamera auch bei den kleinsten Parklücken. Die Auflösung ist dabei sowohl tagsüber als auch nachts sehr hoch.
Die Sitz- und Lenkradheizungen konnten mit zügiger und konstanter Heizleistung glänzen. Auch die Sitzbelüftung überzeugte mit zwar akustisch präsenter, aber rasch Kühle spendender Tätigkeit. Das gilt auch für die Klimaautomatik, welche den Innenraum des Kombis schnell auf die gewünschte Temperatur brachte.
Die Voll-LED-Scheinwerfer wiesen im Test ein homogenes Lichtbild auf, das höchstens in puncto Helligkeit ein wenig mehr liefern dürfte. Dafür konnte die Matrixfunktion zuverlässig entgegenkommende und vorausfahrende Fahrzeuge ausblenden.
Das optionale Soundsystem aus dem Hause Lexicon stellt ein deutliches Upgrade zur Standard-Anlage dar. Es wartet zudem mit einem sehr nüchternen, angenehmen Klang auf und konnte sämtliche Genres zu unserer Zufriedenheit wiedergeben.
Allen Fans von lichtgefluteten Innenräumen sei das Glasdach angeraten, das sich auch öffnen lässt. Im Vergleich zu europäischen Kombis ist dieses allerdings nicht so groß geraten und dementsprechend auch nicht wirklich ein Panorama-Dach, wenngleich es als solches deklariert ist.
Fazit zum Genesis G70 Shooting Brake
Der Genesis G70 Shooting Brake erwies sich im Test als Lifestyle-Kombi durch und durch, bei dem die optischen Reize, der Sexappeal und der stilsichere Auftritt im Vordergrund stehen. Alles anderen ist erst einmal zweitrangig. Seine etwas schwachbrüstiger Motor sowie das überschaubare Platzangebot sind die Schattenseiten des Koreaners. Am Ende eignet sich der hübsche Kombi für eine Klientel, die Lifestyle über Nutzwert stellt.
Insbesondere in Kombination mit dem angebotenen Diesel sollten auch die recht hohen Verbrauchswerte der Vergangenheit angehören, sodass man einen von zwei Hauptkritikpunkten hiermit schon mal ausmerzen kann.
Eine direkte Konkurrenz hat der Shooting Brake nur aus den eigenen Reihen zu fürchten. Der Kia ProCeed GT ist das einzige Fahrzeug, welches dem G70 SB preislich und optisch nahekommen kann. Und hier spielt der Genesis dann seine Premium-Karte aus, die der Kia so nicht vorweisen kann, sodass der Shooting Brake dann am Ende doch seine Nische in friedlicher Einsamkeit für sich beanspruchen kann.
Konkurrenzmodelle: Kia ProCeed GT, VW Arteon Shooting Brake, BMW 3er Touring, Mercedes-Benz C-Klasse T-Modell, Audi A4 Avant, Volvo V60
Technische Daten des Genesis G70 Shooting Brake
Modell | Genesis G70 Shooting Brake 2.0T AWD Premium plus Luxurypaket |
Länge x Breite x Höhe (m) | 4,69 x 2,09 x 1,40 |
Radstand (mm) | 2.835 |
Motor | Vierzylinder-Reihenmotor |
Hubraum (ccm) | 1.998 |
Leistung (kW / PS) | 180 / 245 |
Drehmoment (Nm) | 353 |
Getriebe | 8-Gang-Automatikgetriebe |
Antrieb | Allradantrieb |
Kraftstoffart | Super E10 |
Durchschnittsverbrauch (WLTP in Liter) | 9,3 |
Durchschnittsverbrauch (NEU! in Liter) | 9,7 |
CO²-Ausstoß (nach WLTP in g/km) | 212 |
Abgasnorm | Euro 6-ISC-FCM |
0 auf 100 km/h (in Sekunden) | 6,9 |
Höchstgeschwindigkeit (km/h) | 235 |
Leergewicht (kg) | 1.787 |
Kofferraumvolumen (l) | 465 – 1.535 |
Farbe | Bond Silver (Mattgrau) |
Grundpreis (Euro) | 46.180 |
Testwagenpreis (Euro) | ca. 64.700 |
Text / Fotos: NEU!
Kamera: Canon EOS 6D