Mit dem Genesis G70 haben die Koreaner eine Limousine auf die Räder gestellt, die sich als Konkurrenz die gut umkämpfte Mittelklasse herausgepickt hat.
Dort, wo BMW 3er, Audi A4 und Mercedes-Benz C-Klasse wildern, möchte der G70 ein Stück vom Kuchen abhaben. Doch wird er auch dem Premium-Anspruch gerecht?
Für unseren Test fuhren wir den Genesis G70 als 2.0T mit 245 PS leistendem Vierzylinder-Benziner samt Heckantrieb. Fahrbericht.
Der Look
Schaut man sich den Genesis G70 zum ersten Mal an, so zeigt das gesamte Fahrzeug adhoc seine Markenzugehörigkeit. Bereits die Front besticht durch die markanten Scheinwerfer mit dem auffälligen Lichtdesign in zwei Ebenen. Diese Doppellinie zieht sich über das gesamte Fahrzeuge und schließt erst mit den Heckleuchten ab. Dass es beim Design gewisse Analogien zu einem britischen Luxus-Autohersteller gibt, kommt nicht von ungefähr. Chef-Designer Luc Donckerwolke arbeitete bereits für ebendiese Luxusmarke.
Die Seitenansicht zeigt eine gut proportionierte Limousine mit hoher Gürtellinie und großen Rädern. Kleine Details unterstreichen den Premiumanspruch, während die Lackierung in Tasman Blue ein wenig fancy wirkt, aber eben nicht zu sehr – man möchte ja den edlen Eindruck nicht zunichte machen.
Das Heck wartet mit – wie bereits erwähnt – ebenfalls zweigeteilten Leuchten auf, die jedoch nicht in die Heckklappe hineinreichen. Dies lässt einen V- oder je nach Betrachtungswinkel X-förmigen Eindruck zu. Ovale Endrohre, die auch eine echte Funktion erfüllen, runden den Gesamteindruck ab.
Der Innenraum
Im Inneren des Genesis G70 kommt weniger Digitalisierung zum Einsatz, als man meinen könnte. Für alle Tech-Freaks mag das eine mittelschwere Katastrophe sein. Wir finden es sehr angenehm, da die Bedienung auch während der Fahrt auf Anhieb gelingt und nicht erst Menü für Menü durchstöbert werden muss. Dass der G70 bereits knapp sechs Jahre auf dem Buckel hat, merkt man höchstens am kleineren Zentralbildschirm oder der analogen Klima-Einheit.
Die Vordersitze bieten ein hohes Maß an Komfort und zudem ausreichend Seitenhalt. Mit der Kontraststeppung hat man es hier sehr gut gemeint, nahezu das gesamte Leder erhielt jede Menge feuerrotes Garn. Das versteht man bei Genesis wohl unter einer „Sport“ Ausstattungslinie. Im Fond geht es erwartungsgemäß enger zu, sodass vier groß gewachsene Personen schnell an ihre Grenzen stoßen. Bei normaler Körpergröße sind jedoch auch lange Reisen zu viert kein Thema im Koreaner.
Der Gepäckraum offeriert 330 Liter und damit rund 150 Liter weniger als ein BMW 3er. Dafür zeigt sich das Ladeabteil kaum zerklüftet und kann quasi vollumfänglich genutzt werden. Maximal stehen 1.535 Liter bei umgeklappten Rücksitzlehnen zur Verfügung.
Der Antrieb des Genesis G70
Unser Testwagen verfügte über den zwei Liter großen Vierzylinder-Benziner mit 245 PS. Das entspricht im Übrigen exakt der Leistung eines neuen BMW 330i, womit wir die Frage schon einmal geklärt hätten, ob der Koreaner leistungstechnisch mit der deutschen Konkurrenz mithalten kann. Auf den ersten Metern machte die Limousine eine gute Figur, zeigte sich gewissermaßen sportlich vom Fahrverhalten her, allerdings nicht wirklich der Dynamik verpflichtet.
Das heißt – und das bestätigten die weiteren Testeindrücke – das Fahrwerk ist die Achillesferse des G70. Auf gut ausgebauten Autobahnen fühlt sich das Fahrzeug sehr neutral an, doch sobald die Fahrbahndecke Unzulänglichkeiten vermeldet, gibt der G70 diese unverblümt an seine Insassen weiter – und das auf eine Weise, die wir als „schroff“ bezeichnen würden. Im Vergleich zu Fahrwerken anderer Modelle (beispielsweise dem Standardfahrwerk des BMW 3er) poltert der Genesis doch recht ordentlich und ungeniert über Gullydeckel und Querfugen, woran auch die vorausschauende, also kamerabasierte Streckenerkennung nichts ändern kann.
Der Antrieb als solches ist mit 245 PS per se ausreichend. Allerdings fühlt sich die Leistung oftmals eher nach 200 PS oder leicht darunter an. Das liegt nicht zuletzt an der sehr linearen Leistungsentfaltung, die eher an einen Saug- als an einen Turbomotor erinnert. Für eine Klientel, die auf Leistung keinen großen Wert legt, dürfte dieser Punkt allerdings zu vernachlässigen sein.
Seine Vorteile spielt der Genesis G70 dann in anderen Bereichen aus. Er liebt die Langstrecke und wartet zudem mit einer überaus präzisen Lenkung auf, die auch einem Audi A4 das Wasser reichen kann. Noch besser sind derweil die Bremsen aus dem Hause Brembo, die unser Testwagen vorweisen konnte. Dosierung und Bremsleistung sind enorm und würden wahrscheinlich auch eine 400-PS-Limousine von Tempi jenseits der 250 Sachen locker im Zaum halten.
Der Verbrauch lag bei unseren Fahrten im Durchschnitt bei 9,5 Litern pro 100 gefahrener Kilometer. Dabei ist zu berücksichtigen, dass wir das Fahrzeug nicht wirklich geschont und einen großen Teil auf der Autobahn verbracht haben. Vollgasfahrten resultieren in 16 Litern und mehr, der Stadtverkehr fordert knapp zwölf Liter pro 100 Kilometer Fahrstrecke. Auf unserer Verbrauchsfahrt genehmigte sich der Koreaner immerhin noch knapp sieben Liter Super.
Preis und Ausstattung des Genesis G70
In Sachen Ausstattung stellt die Variante „Sport“ die Top-Linie dar, die bereits ab Werk eine umfangreiche Serienausstattung besitzt. So kommen hier Voll-LED-Scheinwerfer, ein aktiver Totwinkelassistent, das 10,25 Zoll große Infotainment samt DAB+ und erstklassiger Navigation sowie der acht Zoll große Digitaltacho zum Einsatz. Ebenfalls an Bord ist eine Einparkhilfe vorne und hinten samt 360-Grad-Kamera, ein Spurfolgeassistent, ein schlüsselloses Zugangs- und Startsystem sowie eine kabellose Ladestation für Smartphones.
Das Standard-Soundsystem konnte im Test den Grundansprüchen genügen, doch so wirkliche akustische Höhenflüge waren hier nicht zu verzeichnen. Im Vergleich mit der uns bekannten Lexicon Anlage stellt dieses System eher den Einstieg dar und eignet sich für eine Klientel, die Musik vorwiegend im Hintergrund hört.
Sowohl die Sitzheizungen als auch Lenkradheizung konnten derweil mit hoher und konstanter Heizleistung brillieren, was vor allem im Winter und bei draußen geparktem Fahrzeug einen erheblichen Komfortzuwachs darstellt.
Das Navigationssystem ist nahezu identisch mit den Derivaten von Hyundai und Kia und konnte auch hier mit sehr guter Routenführung aufwarten. Auch die Rechenleistung sowie die Berücksichtigung von Verkehrsstörungen ist durchweg auf Premium-Niveau. Umso schöner, dass dieses System zur Serienausstattung eines jeden Genesis G70 gehört. Etwas weniger überzeugend war der Auftritt des optionalen 3D-Cockpits. Dieses neigt nämlich zum Flackern – insbesondere bei direkter Sonneneinstrahlung. Dieses Problem konnten wir auch schon bei anderen Fahrzeugen der Marke feststellen.
Die LED-Scheinwerfer erwiesen sich im Test in Sachen Reichweite und Homogenität als gut. Wirkliche Kritik konnten wir nicht verbuchen, allenfalls die Helligkeit könnte etwas höher sein. Da wir die optionalen Matrix-Leuchten an Bord hatten, können wir zudem festhalten, dass die Ausblendfunktion ebenfalls die Note 2 erhält. Entgegenkommende und vorausfahrende Verkehrsteilnehmer werden meist zügig wie auch großzügig ausgespart. Die extrem filigrane Ausblendung, die wir von deutschen Luxusfahrzeugen kennen, bleibt hier allerdings aus.
Sinnvolle Konfiguration eines Genesis G70
Nachfolgend geben wir eine Übersicht über eine sinnvolle Konfiguration des Genesis G70. Wir legen hier preislich den 2,2 Liter großen Dieselmotor mit Heckantrieb als Basis zugrunde, da dieser sowohl günstiger in der Anschaffung ist als auch effizienter in Sachen Verbrauch sein dürfte und den Langstreckenanspruch der Limousine somit untermauert.
- Ausstattungslinie „Premium“
- Mattlackierung „Bond Silver“ (1.240 Euro) – gibt dem G70 eine unverwechselbare Note und lässt ihn optisch noch hochwertiger wirken.
- Technikpaket (2.940 Euro) – enthält unter anderem das 3D-Cockpit, ein Head-Up Display, die Matrix-Scheinwerfer sowie den aktiven Totwinkel-Asisstenten mit Monitoranzeige.
- Lexicon Soundsystem (870 Euro)
So ergibt sich am Ende ein Gesamtpreis von 50.030 Euro, was immer noch knapp 5.800 Euro unterhalb des Grundpreises eines BMW 330i liegt. Wir empfehlen an dieser Stelle noch das Glasdach für weitere 1.060 Euro allen Interessenten, die Wert auf einen hellen Innenraum legen. Darüber hinaus ist noch ein Komfortpaket für weitere 2.350 Euro im Angebot, das unter anderem ergonomisch vorteilhaftere und belüftete Vordersitze sowie eine Sitzheizung hinten enthält.
Fazit zum Genesis G70
Der Genesis G70 hinterließ bei uns einen bleibenden Eindruck, der umso nachhaltiger wirkte, als wir einen dezidierten Blick auf die Preise der (deutschen) Konkurrenz geworfen hatten. Nicht nur, dass er preislich deutlich unterhalb dieser rangiert, auch die 5-Jahres-Garantie sowie das 5-Jahre-Service-Versprechen mit Übernahme aller Inspektions- und Wartungskosten lässt sicherlich nicht nur uns nachdenklich zurück. Und damit noch nicht genug: Genesis bietet zudem einen Hol- und Bringservice an, der auch einen Leihwagen für die Dauer der Wartung bereitstellt.
Abgesehen von den monetären Aspekten gibt sich der G70 als gelassener und langstreckentauglicher Vertreter der Mittelklasse. Wirklich sportlich ist er nicht und so komfortabel wie eine C-Klasse erst recht nicht. Wer also einen dynamischen Vertreter sucht, wird eher bei BMW fündig. Komfortliebhaber sollten sich die C-Klasse genauer anschauen. Wer jedoch aufs Budget achten, aber auf Ausstattung nicht verzichten und sich die nächsten fünf Jahre keine Gedanken um seinen motorisierten Begleiter machen will, sollte sich den Genesis G70 definitiv einmal genauer anschauen.
Konkurrenzmodelle: BMW 330i, Audi A4 45 TFSI, Mercedes-Benz C 300
Technische Daten des Genesis G70
| Modell | Genesis G70 2.0T RWD Sport |
| Länge x Breite x Höhe (m) | 4,69 x 2,09 x 1,40 |
| Radstand (mm) | 2.835 |
| Motor | Vierzylinder-Reihenmotor |
| Hubraum (ccm) | 1.998 |
| Leistung (kW / PS) | 180 / 245 |
| Drehmoment (Nm) | 353 |
| Getriebe | 8-Gang-Automatikgetriebe |
| Antrieb | Heckantrieb |
| Kraftstoffart | Super E10 |
| Durchschnittsverbrauch (WLTP in Liter) | 8,0 |
| Durchschnittsverbrauch (NEU! in Liter) | 9,5 |
| CO²-Ausstoß (nach WLTP in g/km) | 181 |
| Abgasnorm | Euro 6d-ISC-FCM |
| 0 auf 100 km/h (in Sekunden) | 6,1 |
| Höchstgeschwindigkeit (km/h) | 240 |
| Leergewicht (kg) | 1.675 |
| Kofferraumvolumen (l) | 330 – 1.535 |
| Farbe | Tasman Blue Metallic (Blau) |
| Grundpreis (Euro) | 44.980 |
| Testwagenpreis (Euro) | ca. 59.130 |
Text / Fotos: NEU!
Kamera: Canon EOS 6D
