VW Golf R 20 Years
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VW Golf R 20 Years – Sondermodell mit Schmackes

Unser Test des VW Golf R 20 Years sorgte für gemischte Gefühle, wenngleich das nicht in erster Linie am Fahrzeug lag.

2002 begann Volkswagen quasi damit, eine dynamische Submarke abseits vom GTI zu betreiben. Doch das war eigentlich ganz anders geplant.

Der Golf IV R32 sollte ursprünglich nur als geplante Kleinserie kommen, mehr als 5.000 Stück sollten nie produziert werden. Doch die Nachfrage war so hoch, dass man sich entschied, den sechszylindrigen Golf in Serie zu bauen – mit Erfolg! So wurden über 12.000 Stück an den Mann und die Frau gebracht. Auch der Nachfolger erhielt den legendären VR6-Motor. Erst ab Generation No.6 wurde dieser durch einen aufgeladenen Vierzylinder ersetzt.

Gut 20 Jahre und einige Generationen später steht nun der Golf 8 R 20 Years vor uns, den wir natürlich einem umfangreichen Test unterzogen haben. Fahrbericht.

Der Look

Auf den ersten Blick fällt es dem geneigten Betrachter gar nicht so leicht, den Testwagen als Sondermodell zu entlarven. Das liegt nicht zuletzt daran, dass man sich hier entschied, auf großartige Designexperimente gänzlich zu verzichten. Und so wird der Sonderstatus nur durch kleine „20“ Plaketten an der B-Säule sowie einer Türvorfeldbeleuchtung im „20 R“ Look verraten. Bestellt man das Fahrzeug nicht – wie hier – in „Lapiz Blue“ sondern in „Pure White“ oder „Deep Black Perleffekt“, gibt es on top blaue Außenspiegelkappen und ebenfalls blaue Felgen.

Doch auch der Rest des VW Golf R 20 Years lässt sich durchaus sehen. Der 8er R ist schon von Weitem als Alpha-Golf erkennbar. Die Front blick ernst durch die IQ.Light LED-Matrix-Scheinwerfer, während eine geänderte Frontschürze für noch mehr Grimmigkeit sorgt. Insbesondere die markanten Lufteinlässe – auf Nebelleuchten wird hier verzichtet – lassen keinen Zweifel an der Potenz des Fahrzeugs aufkommen.

In der Seitenansicht präsentiert sich uns derweil ein klassischer Kompakter mit dynamisch geformtem Schweller und einer leicht ansteigenden Gürtellinie. Die großen 19-Zoll-Räder und die dahinter befindlichen, ebenfalls üppig dimensionierten Bremsscheiben samt blauer Bremszangen unterstreichen ebenfalls den dynamischen Anspruch. Am Heck werden dann alle Hüllen fallengelassen. Dank der optionalen Akrapovic Abgasanlage dürften auch Unbedarfte schnell erkennen, dass hier kein normaler 0815-Golf vor ihnen fährt. Ein „R“ Badge unterhalb des VW-Logos rundet den Gesamteindruck ab.

Und innen?

Im Innenraum des VW Golf R 20 Years gibt es ebenfalls quasi keine offenkundigen Hinweise auf den Status als Sondermodell, was wir insgesamt etwas schade finden. Dafür wartet die 20 Years Edition immerhin mit serienmäßigen Nappaledersitzen samt Heizung und Belüftung auf. Sehr cool: erstmals in einem Volkswagen offeriert dieses Editionsmodell Dekoreinlagen aus echtem Carbon.

Die Platzverhältnisse sind vorne und hinten als gut zu bewerten. Auch im Fond gelingt der Zustieg durch die weit öffnenden Türen problemlos, während auch hier ausreichend Kopf- und Beinfreiheit zur Verfügung stehen. Die Materialien sind weitgehend wertig und geben wenig Anlass für Kritik. Das bereits oft kritisierte Infotainment hingegen schon, zumal es selbst im Sondermodell mit rund 1.500 Euro hinzu gebucht werden muss.

Das Lenkrad liegt derweil gut in den Fahrerhänden und verfügt zudem über Schaltwippen. Die Touch-Bedienung ist hingegen Gewöhnungssache und manchmal durchaus nervig. Insbesondere bei dynamischen Lenkmanövern kann es da schon mal vorkommen, dass man versehentlich den Radiosender wechselt oder die Lenkradheizung einschaltet.

Der Kofferraum offeriert solide 374 Liter, was das Gros an alltäglichen Anforderungen abdecken sollte, zumal auch die Ladekante nicht allzu ausgeprägt ist. Für den Besuch im Baumarkt können die Rücksitzlehnen umgeklappt werden. So entsteht ein Laderaum, der maximal 1.230 Liter bietet.

Der Antrieb des VW Golf R 20 Years

Angetrieben wird der VW Golf R 20 Years vom gleichen Aggregat, das auch den klassischen Golf 8 R auf Touren hält. Der VW EA888 Motor ist eine Art „Butter-und-Brot-Performance-Maschine“, die in ihrer aktuellen Generation auch in anderen VAG-Modellen eingesetzt wird. In anderen Leistungsstufen kommt dieser Motor beispielsweise auch im Skoda Kodiaq RS, VW Polo GTI und Cupra Leon Sportstourer zum Einsatz.

In seiner stärksten Ausbaustufe leistet er hier stattliche 333 PS und stemmt maximal 420 Newtonmeter auf die Kurbelwelle. Geschaltet wird immer über ein 7-Gang-DSG und auch der Allradantrieb 4Motion gehört – wie auch im normalen R – in diesem Sondermodell zur Serienausstattung. Die Daten klingen vielversprechend: Von Null auf 100 km/h geht es in gerade einmal 4,6 Sekunden (0,1 Sekunden schneller als der normale R). Der Topspeed ist danke serienmäßigem Performance-Paket auf 270 Stundenkilometer begrenzt. Die Theorie sieht also schon mal rosig aus. Zeit für die Praxis.

Schon auf den ersten Metern glänzt der VW Golf R 20 Years mit einer gewissen Verbindlichkeit, die Sportfahrer sofort spüren und zu schätzen wissen. Schnell können viele, doch die Kunst, eine Verbindung zwischen Mensch und Maschine zu schaffen, die rasch zu einem innigen Vertrauensverhältnis führt, ist eine ganz andere Sache. Der 20 Years beherrscht das ziemlich gut und bleibt dabei – wir sind noch innerstädtisch unterwegs – ziemlich undercover. Das ist ebenfalls eine der Tugenden des Golfs: Egal, welche Generation und welches Derivat man im Straßenverkehr bewegt, wirklich auffällig sind sie eigentlich nie.

Zudem fällt auf, dass die Bremsen ebenso solide wie verlässlich sind und auf Wunsch vehement verzögern. Das gilt sowohl innerorts als auch beim Herunterbremsen von 250 auf 80 km/h. Auch die Lenkung zeigt sich von ihrer besten Seite. Untersteuern? Gibts hier nicht, das Heck dreht immer willig mit ein, ohne dass jemals Panik bei Fahrer oder Insassen aufkommen.

Das Sondermodell spielt seine Trümpfe beim Fahren aus

Doch was unterscheidet das Sondermodell nun vom normalen Golf 8 R? Es wäre schlimm gewesen, wenn ein paar Plaketten und etwas Carbon im Innenraum schon alles gewesen wäre. Ist es auch nicht, keine Sorge. Neben den zusätzlichen 13 PS wurde die Motorsoftware geändert. Das heißt, die Turbolader werden auch im Teillastbereich auf Drehzahl gehalten, was das Ansprechverhalten verbessert. Insbesondere bei performanter Fahrweise kann man dies durchaus auch spüren.

Darüber hinaus wurde das DSG neu abgestimmt. Und das finden wir auch richtig gut so, denn die Gedenksekunde – ein leidiges Thema, was nahezu alle VAG-DSGs betrifft – ist hier quasi gänzlich eliminiert worden. Dafür gibt es jetzt eine neue Eigenart: Die Ingenieure fanden es wohl cool, dem Doppelkupplungsgetriebe einen künstlichen „Schaltruck“ zu verpassen. Einen derartigen Habitus kannten wir bis dato nur von sequenziellen beziehungsweise automatisierten Schaltgetrieben in Supersportlern, wie beispielsweise im Lamborghini Aventador. Nur, dass dies bei solchen Autos irgendwie zum Wesen passt. Im Golf R – selbst als 20 Jahre Sondermodell – wirkt dies hingegen eher künstlich und nicht unbedingt angebracht.

Das DCC ist eher Pflicht als Kür

Was hingegen unbedingt mit an Bord sollte, ist das optionale Fahrwerk DCC. Das Setup ist grundsätzlich straff, doch im Comfort-Modus lassen sich auch lange Passagen stressfrei abspulen. Darüber hinaus steht noch ein „Special“ Modus mit Nordschleifen-Abstimmung sowie ein Driftmodus zur Wahl. Letzterer sollte übrigens wirklich nur auf abgesperrter Strecke verwendet werden, da man den Begriff „Drift“ hier wörtlich nimmt und das Fahrzeug trotz Allrad hinten herrlich-frech ausbricht.

Ein kleines Wunder erlebten wir dann bei der Verbrauchsermittlung. Nach so viel Kurvenhatz, Autobahn- und Stadtverkehr haben wir mit Werten von deutlich über zehn Litern gerechnet. Dass dann am Ende nur 8,4 Liter auf dem Bordcomputer standen, hat uns positiv überrascht. Permanent Vollgas sorgt derweil natürlich für Werte jenseits der 15 Liter. Doch wer sich in Zurückhaltung übt, kann den Power-Golf auch mit unter sechs Litern fahren.

Preis & Ausstattung des VW Golf 8 R 20 Years

Der VW Golf R 20 Years kostet in der Basis 59.995 Euro. Das ist für sich genommen schon viel Geld, doch in Anbetracht des Sondermodell-Status noch zu verkraften. Allerdings – und das ist spannend – ist die Aufpreisliste verdammt lang. So kommt unser nahezu vollausgestatteter Testwagen auf einen Gesamtpreis von sage und schreibe 76.350 Euro.

Nachfolgend geben wir einen Überblick über die relevantesten respektive sinnvollsten Optionen, die für das Editions-Modell erhältlich sind:

  • Seitenairbags vorn und hinten – Für 530 Euro gibt es diese einschließlich dem proaktiven Insassenschutzsystem.
  • Adaptive Fahrwerksregelung DCC – 1.045 Euro müssen hierfür berappt werden; aus unserer Sicht aber eine äußerst sinnvolle Investition, da die Spreizung der einzelnen Fahrmodi durchaus spürbar ist.
  • Assistenzpaket IQ.Drive – Für 675 Euro gibt es das umfangreiche Assistenzpaket einschließlich dem Notfallassistenten Emergency Assist.
  • IQ.Light LED-Matrix-Scheinwerfer – 975 Euro zusätzlich kosten die superben Leuchten und beinhalten neben einem dynamischen Fernlichtassistenten auch ein Schlechtwetter-Licht sowie das Licht-und-Sicht Paket.
  • Navigationssystem „Discover Pro“ – Happige 1.455 Euro kostet das Top-Infotainment, das zwar ohne manuellen Drehregler und ohne beleuchtete Touch-Slider auskommt, dafür aber mit permanenter Onlinefunktion aufwarten kann.
  • Schlüsselloses Zugangs- und Startsystem – 445 Euro werden hierfür aufgerufen, dafür öffnet sich der Über-Golf bereits bei Annäherung. Eine Diebstahlwarnanlage muss zwingend hinzu gebucht werden; zusätzliche Kosten hierfür: 350 Euro.
  • R-Performance-Abgasanlage – Der wohl mit Abstand teuerste Posten ist Vierrohr-Anlage vom Spezialisten Akrapovic, die heftige 3.975 Euro kostet. Die Titan-Anlage ist allerdings aus unserer Sicht bei diesem Sondermodell eher Pflicht als Kür.
  • Head-up Display – Hierfür werden nochmals 700 Euro aufgerufen. Dafür gibt es ein vollwertiges HUD mit scharfer Projektion direkt in die Windschutzscheibe.
  • Rückfahrkamera – Bei Volkswagen auch „Rear View“ genannt und mit 325 Euro eingepreist.
  • Harman / Kardon Soundsystem – Wer gern und viel Musik im Auto hört, sollte die zusätzlichen 680 Euro mit ins Budget einplanen.

Die Gesamtkosten

Wer nur die oben genannten Optionen in sein Sondermodell konfiguriert, kommt auf einen Gesamtpreis von 71.150. Die Lackierung in Lapiz Blue schlägt derweil mit weiteren 810 Euro zu Buche. Auch Winterreifen sind für den 333-PS-Golf erhältlich und kosten im Format 18-Zoll 1.740 Euro. Eine dreijährige Anschlussgarantie ist ebenfalls empfehlenswert und wird bis 100.000 Kilometer mit 800 Euro berechnet.

Fazit zum VW Golf R 20 Years

Am Ende des Tages ziehen wir ein Resümee, das einen insgesamt positiven Eindruck hinterlässt. Zwar sind die Zeiten des einstigen VR6-Motors vorbei, doch sollte man sich freuen, dass es auch heutzutage überhaupt noch Fahrzeuge, wie den hier getesteten Protagonisten gibt.

Als Sondermodell wartet der VW Golf R 20 Years vor allem mit einer geschärften Abstimmung auf, welche die Performance in den Hintergrund rückt. Die 20-Badges und das Carbon im Innenraum sind zwar schickes Beiwerk, aber sicherlich kein entscheidendes Kaufkriterium. Vielmehr ist es die Gewissheit, ein Fahrzeug zu besitzen, welches mit viel Liebe zum Detail, filigran abgestimmt und nur für eine bestimmte Zeit gebaut wurde.

Mit über 75.000 Euro geht der Über-R natürlich nicht mehr als Schnäppchen durch. Doch seine Allrounder-Eigenschaften prädestinieren ihn für eine Klientel, die genau dies zu schätzen wissen und sich bewusst gegen kompromisslosere Kompakt-Sportler entscheiden. Wir sind uns derweil ziemlich sicher, dass der 20 Years zusammen mit der 333 Limited Edition auch in Sachen Werterhalt gut aufstellt sein dürfte.

Konkurrenzmodelle: Hyundai i30N, Honda Civic Type R, Audi S3, BMW M135i xDrive, Cupra Leon ABT

Technische Daten des VW Golf R 20 Years

ModellVolkswagen Golf 8 R 20 Years
Länge x Breite x Höhe (m)4,29 x 2,07 x 1,46
Radstand (mm)2.628
MotorVierzylinder-Reihenmotor
Hubraum (ccm)1.984
Leistung (kW / PS)245 / 333
Drehmoment (Nm)420
Getriebe7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (DSG)
AntriebAllradantrieb (4Motion)
KraftstoffartSuper Plus
Durchschnittsverbrauch (WLTP in Liter)7,9
Durchschnittsverbrauch (NEU! in Liter)8,4
CO²-Ausstoß (nach WLTP in g/km)179
AbgasnormEuro 6-ISC-FCM
0 auf 100 km/h (in Sekunden)4,6
Höchstgeschwindigkeit (km/h)270
Leergewicht (kg)1.554
Kofferraumvolumen (l)374 – 1.230
FarbeLapiz Blue Metallic (Blau)
Grundpreis (Euro)59.995
Testwagenpreis (Euro)ca. 76.350
Technische Daten des VW Golf R 20 Years

Text / Fotos: NEU!

Kamera: Canon EOS 6D

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